Der Schlosserlehrling Johann „Hansi“ Weber aus Lieboch ist mit Freunden im Nachbarort bis spätnachts unterwegs. Nachdem er das letzte Lokal verlässt, lässt er sein Moped stehen, er ist zu betrunken. Den Fußweg von Söding nach Lieboch teilt er sich mit einer Bekannten, der 19-jährigen M. Unterwegs bietet ein Autofahrer – ebenfalls ein Lokalgast von zuvor – den beiden an, sie mitzunehmen. M. lehnt ab, der Lokalgast fährt für ein kurzes Gespräch neben den beiden her, bevor er sich verabschiedet. Währenddessen fährt ein anderes Fahrzeug immer wieder an den beiden vorbei. Bei den Insassen soll es sich um M.s Bruder und einen Begleiter handeln. Mehrmals rast das Auto direkt auf sie zu, um im letzten Moment zu verreißen.

„Das wart ihr zwei!“

Wenig später liegt Hansi lebensgefährlich verletzt im Straßengraben, M. bleibt unverletzt. Freunde und Bekannte erfahren noch in der Nacht von dem Unfall und einige treffen an der Unfallstelle ein, darunter jener Lokalbesucher, der angeboten hatte, sie mitzunehmen. Als auch M.s Bruder und dessen Begleiter auftauchen, ist für ihn klar: „Das wart ihr zwei.“

Sie bestreiten und sagen einem Gendarmen, dass er doch das Auto auf Unfallspuren untersuchen könne. Dieser findet aber nichts Verdächtiges. Nachdem die beiden wieder weg sind, wird auch ein gelber Seitenspiegel an der Unfallstelle gefunden – den zuvor aber niemand gesehen hatte. War das Auto nach dem Zusammenstoß ausgetauscht und der Spiegel bewusst als falsche Fährte platziert worden?

Die Polizei bleibt jedenfalls bei der Annahme, dass es sich um einen Unfall mit Fahrerflucht handelt. Daran ändern auch Gerüchte im Ort nichts, wonach es sich um einen Mord handeln soll. Jahrzehntelang wird es still um den Fall.

Anonymer Brief bringt 2014 brisante Neuigkeiten

Bis 2014 ein anonymer Brief Hansis Eltern und das Landeskriminalamt erreicht. Darin waren konkrete Namen angeführt, auch der des Bruders. Der Brief wurde am 8. August 2014 im Postamt Lannach aufgegeben, dürfte aber bereits zehn Jahre vorher geschrieben worden sein. Über 30 Jahre nach dem Tod Hansis beginnen aufgrund des Schreibens nun Mordermittlungen.

Die Kleine Zeitung berichtete damals exklusiv darüber und erfuhr von Zeugen weitere brisante Details. Ein Zeuge kann sich daran erinnern, dass Hansi eine Woche, bevor er starb, von zwei Männern attackiert wurde. Bis heute bleibt dieser Zeuge dabei: „Ich habe alles gesehen. Und ich weiß noch, es ging bei der Auseinandersetzung um ein Mädchen, das der Hansi einem der Männer ausspannen wollte.“

Ein maschingeschriebener Brief, adressiert an das Landeskriminalamt. | Dieser Brief war 30 Jahre nach dem Vorfall Auslöser für neue Mordermittlungen
Ein maschingeschriebener Brief, adressiert an das Landeskriminalamt.
| Dieser Brief war 30 Jahre nach dem Vorfall Auslöser für neue Mordermittlungen © Madeleine Heinrich

Es ging um M., die ja unmittelbare Zeugin des Geschehens war. „Diese Frau weiß alles“, ist der Vater des Opfers überzeugt. Er hofft, dass sie ihr Schweigen bricht. 2014 wurde sie einvernommen. Ihre Aussagen brachten die Ermittler aber nicht weiter. Die Mordermittlungen gegen zwei Beschuldigte wurden von der Staatsanwaltschaft schließlich eingestellt.

Die Eltern des Opfers wollen Klarheit.  | Die Eltern des Opfers wollen Klarheit
Die Eltern des Opfers wollen Klarheit.
| Die Eltern des Opfers wollen Klarheit © Michael Kloiber

Da Mord nicht verjährt, könnte der Akt wieder geöffnet werden, falls es neue Ermittlungsansätze gibt. Die Eltern hoffen jedenfalls darauf. „Wir sind schon alt und wollen endlich Klarheit haben. Wer hat unseren Sohn auf dem Gewissen? Es tauchen immer wieder mehrere Namen auf. Der Fall muss doch zu klären sein“, hofft der Vater des Opfers, Johann Weber, und will für zweckdienliche Hinweise 10.000 Euro Belohnung aussetzen. Johann Weber: „Vielleicht will jetzt nach so langer Zeit jemand sein Gewissen erleichtern. Dann könnten wir endlich abschließen. Das ist meine Hoffnung.“