Auch im Jahr 2021 sind Frauen in der heimischen Kommunalpolitik deutlich unterrepräsentiert. Das geht aus dem SORA Gleichstellungsindex 2021 für den Städtebund hervor. Österreichweit gibt es 91 Prozent Bürgermeister und nur neun Prozent Bürgermeisterinnen - verteilt auf die 2095 Gemeinden und 23 Wiener Bezirke. Bei den ersten Stellvertretungen sind 19 Prozent weiblich.

Eine weibliche Doppelspitze gibt es überhaupt nur in vier Gemeinden und einem Wiener Bezirk - das entspricht 0,2 Prozent. In 40 österreichischen Gemeinden ist nicht einmal eine einzige Frau im Gemeinderat vertreten.

Laut der Untersuchung zeigt sich, dass der Frauenanteil im Gemeinderat umso höher ist, je größer die Gemeinde ist. Damit ist der Aufholbedarf in ländlichen Regionen größer. 

Mehr zum Thema

Doch warum ist die Zahl der Bürgermeisterinnen in Österreich noch immer so gering? Haben es Frauen auch heute noch schwerer in der (Kommunal)Politik? Und wie könnte man mehr Anreize schaffen, damit sich mehr Frauen aktiv an Politik beteiligen? "Das Hauptproblem liegt meiner Meinung daran, dass wir Frauen wahnsinnig gerne in der zweiten Reihe stehen", sagt Andrea Feichtinger, Bürgermeisterin in spe im kärntnerischen Kappel am Krappfeld. Sie wird in Kürze die erste Bürgermeisterin ihrer Gemeinde sein. "Wir Frauen organisieren, planen und entwickeln vieles meist im Hintergrund. Auch wenn die Emanzipation stark im Vormarsch ist, trauen sich viele großartige, engagierte und geeignete Frauen das Amt nicht zu", meint Feichtinger.

Eine ähnliche Erklärung findet auch die Bad Blumauer Gemeindechefin Andrea Kohl, eine der jüngsten Bürgermeisterinnen Österreichs: "Viele Frauen sind sehr selbstkritisch und fragen sich, ob sie das Amt gut ausüben und den Anforderungen gerecht werden können. Männer hingegen gehen selbstbewusster an die Dinge heran." Ihrer Meinung nach haben es Frauen auch heute schwerer in der Politik, müssten sich mehr beweisen, als ihre männlichen Mitbewerber.

Silvia Häusl-Benz, Bürgermeisterin von Pörtschach, hat diese Erfahrung nicht gemacht. Doch auch sie fordert: "Ich kann Bürgermeisterin! - Das muss stärker in die Köpfe so vieler begabter und kompetenter Frauen, denn sie haben ja oft sehr viel Erfahrung und Wissen um eine Gemeinde, angefangen bei der Kinderbetreuung, Schule bis zum Arbeitsplatz!" Eva Schmidinger, Ortschefin in Pernegg an der Mur, meint sogar, dass Frauen für das Amt geradezu "prädestiniert" seien. "Ich habe immer gearbeitet, Kinder großgezogen und den Haushalt geschmissen. Von diesen Erfahrungen profitiere ich jetzt als Bürgermeisterin", betont Schmidinger und ergänzt lächelnd: "Und im Gemeindeamt gibt es wenigstens Bedienstete, die einem etwas abnehmen." 

Insgesamt gibt es 197 Bürgermeisterinnen in Österreich. Die Steiermark und Kärnten liegen im Mittelfeld was den Bundesländervergleich betrifft (siehe Grafik unten), in Vorarlberg sind es mit 6,3 Prozent am wenigsten, in Niederösterreich mit 13,8 Prozent am meisten. Wien ist ein Sonderfall: Der Bürgermeister (und Landeshauptmann) ist mit Michael Ludwig zwar ein Mann, aber es gibt sieben Bezirksvorsteherinnen und somit kommt die Bundeshauptstadt auf einen prozentuellen Anteil von 30,4.

Die meisten dieser Frauen eint der Wunsch nach mehr Förderung und Ermutigung für ihre potenziellen Kolleginnen. Das spielte etwa in der Karriere der Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik eine große Rolle. Sie hat am "Kompetenzlehrgang Nüsse knacken - Früchte ernten" des Landes Tirol teilgenommen, wo interessierte Frauen gezielt auf die Politik vorbereitet werden. "Da muss noch mehr geschehen!", fordert die ehemalige Landtagsabgeordnete. Sie ist sich aber bewusst, dass sie nur in die Politik gehen konnte, weil der Rückhalt daheim und unter ihren Kollegen stark war. 

Dass es nicht nur um ein starkes Selbstbewusstsein geht, findet auch Roswitha Glashüttner, Bürgermeisterin von Liezen und gemeinsam mit Sonja Ottenbacher Vizepräsidentin des Österreichischen Gemeindebundes. "Männer können diesbezüglich zu Hause auf mehr Unterstützung zählen als Frauen." Besonders schwer hätten es junge Frauen, die vielleicht auch die Familienplanung noch vor sich haben. 

Ottenbacher, Bürgermeisterin von Stuhlfelden in Salzburg, ergänzt: "Anfangs wird man noch genauer beurteilt: Auftreten, Ansprachen, Durchsetzungsvermögen ... nur wenn das alles passt, ist es okay." Sie sagt, es gibt natürlich noch viel Luft nach oben, aber es hat sich auch viel getan. Ihr Amt trat Ottenbacher im Jahr 2004 an: "Zuvor gab es im Land Salzburg noch nie eine Bürgermeisterin - seit 2004 dann gleich drei auf einmal."