Die Abstimmungen der Wahlleute in fast allen US-Bundesstaaten und dem Hauptstadtbezirk Washington haben den Sieg des Demokraten Joe Biden über Amtsinhaber Donald Trump bei der Präsidentenwahl bestätigt. Das Votum in Kalifornien hob Biden am Montagnachmittag (Ortszeit) über die Schwelle der notwendigen 270 Stimmen. Dieser sprach von einem "Sieg der Demokratie". Trump solle die Niederlage anerkennen. Inzwischen reichte Justizminister William Barr seinen Rücktritt bei Trump ein.

Biden kam unterdessen im Electoral College bereits auf mindestens 302 Stimmen. Biden wollte sich nach der Abstimmung der Wahlleute in allen 50 Bundesstaaten und dem Hauptstadtbezirk äußern.

Sieg der Demokratie

Der künftige US-Präsident sah die Bestätigung seines Wahlerfolgs durch die Abstimmung der Wahlleute in den Bundesstaaten als "Sieg der Demokratie". "Die Flamme der Demokratie wurde in dieser Nation vor langer Zeit entzündet", sagte der Demokrat am Montagabend (Ortszeit) in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. Biden ergänzte: "Und wir wissen jetzt, dass nichts - nicht einmal eine Pandemie oder ein Machtmissbrauch - diese Flamme auslöschen kann. In diesem Kampf um die Seele Amerikas hat die Demokratie gesiegt." Nun sei es an der Zeit, die Gräben zu überwinden und zusammenzukommen. "Wie ich im Wahlkampf sagte, werde ich ein Präsident für alle Amerikaner sein. Ich werde genauso hart für diejenigen von Ihnen arbeiten, die nicht für mich gestimmt haben, wie für diejenigen, die für mich gestimmt haben."

Der Präsident wird in den USA indirekt gewählt. Die insgesamt 538 Wahlleute stimmen stellvertretend für das Volk ab. In den allermeisten Bundesstaaten bekommt der Wahlsieger alle Stimmen der dortigen Wahlleute. Bei den Abstimmungen am Montag gab es zunächst keine Abweichler, alle Wahlleute stimmten entsprechend der Ergebnisse ab. Das Votum in Hawaii stand noch aus.

Endgültiges Ergebnis wird am 6. Jänner verkündet

Dass der 78-jährige Biden die Wahl gewonnen hat, ist spätestens seit dem 7. November klar, als ihn führende US-Medien - wie in den Vereinigten Staaten üblich - zum Sieger ausgerufen hatten. Auf Grundlage der zertifizierten Ergebnisse der Bundesstaaten wurde erwartet, dass Biden am Ende der Abstimmung der Wahlleute insgesamt 306 Stimmen bekommt und auf Amtsinhaber Trump 232 Stimmen entfallen.

Das endgültige Gesamtergebnis der Präsidentenwahl wird offiziell am 6. Jänner im Kongress in Washington verkündet. Biden soll am 20. Jänner in Washington vereidigt werden. An dem Tag endet Trumps Amtszeit automatisch, auch wenn er seine Niederlage nicht eingesteht.

US-Justizminister Barr reicht Rücktritt ein

Mitten im Streit über das Ergebnis der US-Wahl reichte Justizminister William Barr unterdessen seinen Rücktritt beim amtierenden Präsidenten Donald Trump ein. In einem von Trump auf Twitter veröffentlichten Rücktrittsschreiben hieß es, Barr werde am 23. Dezember aus dem Amt ausscheiden. Trump schrieb auf Twitter, Barr habe einen "hervorragenden Job" gemacht. Dessen Stellvertreter Jeff Rosen werde das Amt geschäftsführend übernehmen.

Trump hatte am vergangenen Samstag scharfe Kritik an Barr geäußert. Das "Wall Street Journal" hatte zuvor berichtet, dass der Justizminister bereits seit dem Frühjahr vonErmittlungen gegen den Sohn des gewählten US-Präsidenten Joe Biden, Hunter Biden, gewusst habe. Barr habe die Ermittlungen aus dem Wahlkampf heraushalten wollen, hieß es in der Zeitung. "Eine große Enttäuschung!", schrieb Trump. "Warum hat Bill Barr der Öffentlichkeit vor der Wahl nicht die Wahrheit über Hunter Biden offenbart?"

Der Republikaner Trump erkennt den Wahlsieg des Demokraten Biden weiterhin nicht an und stellt sich als Opfer massiven Wahlbetrugs dar. Belastbare Belege dafür haben er und seine Anwälte nicht vorgelegt. Auch Barr hatte gesagt, dass er keine Beweise für massiven Wahlbetrug kenne. Trump setzt seine Bemühungen, das Ergebnis mit rechtlichen Schritten zu kippen, trotz Dutzender Rückschläge vor Gerichten in verschiedenen Bundesstaaten und dem Supreme Court in Washington weiter fort.

Die Abstimmung der Wahlleute ist in normalen Wahljahren eine Formalie, weil der unterlegene Kandidat in der Regel noch in der Wahlnacht seine Niederlage einräumt. Trump behauptet aber immer noch, dass eigentlich er die Wahl gewonnen habe, und sieht sich durch massiven Betrug um seinen Sieg gebracht. Viele Republikaner - darunter die führenden Parteikollegen im US-Kongress - haben Biden öffentlich noch nicht als Wahlsieger anerkannt.

Mit einer Klagewelle haben Trump und seine Verbündeten versucht, das Wahlergebnis zugunsten des Amtsinhabers zu kippen. Weder er noch seine Anwälte oder seine Unterstützer haben Belege für ihre weitreichenden Vorwürfe vorgelegt. Mehr als 50 Klagen sind bereits gescheitert.

Am Freitag wies auch der Supreme Court in Washington eine Klage ab, mit der Bidens Sieg in vier Bundesstaaten gekippt werden sollte. Trump hatte am Wochenende erklärt, den juristischen Kampf gegen seine Niederlage aber noch nicht aufgegeben zu wollen.