Während viele Firmen über einen Mangel an Arbeitskräften klagen, fordern ÖGB und Arbeiterkammer eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung – bei vollem Lohnausgleich. Wirtschaftskammer, Wirtschaftsbund und Industriellenvereinigung lehnen das als unfinanzierbar ab. Die industrienahe Agenda Austria rechnet vor, dass bei einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Wochenstunden die personenbezogenen Produktionskosten in nur drei Jahren um die Hälfte steigen würden.

"Es spricht nichts dagegen, dass Unternehmen freiwillig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter verkürzen. Attraktive Modelle helfen den Unternehmen, leichter neue Mitarbeiter zu finden", sagte der Agenda-Ökonom Dénes Kucsera im Gespräch mit der APA. "Wenn die Produktivität dadurch steigt, werden die Unternehmen das ohnehin anbieten." In manchen Branchen, etwa in der IT, wäre eine Produktivitätssteigerung möglich. Aber gerade in Bereichen, wo es einen Fachkräftemangel gebe, etwa bei Lehrern oder in Pflegeberufen, sei es schwer, die Produktivität zu erhöhen – dort müsste bei einer Arbeitszeitverkürzung mehr Personal eingestellt werden, so Kucsera.

Wenn die Löhne in den nächsten Jahren nur im Ausmaß der Inflation angehoben werden, bedeute das bis 2025 bei gleicher Arbeitszeit einen Anstieg der Löhne um mehr als 20 Prozent, rechnete Kucsera vor und verwies dabei auf die Inflationsprognosen des Wifo, das für heuer eine Inflationsrate von 7,1 Prozent erwartet und für 2024 eine Teuerungsrate von 3,8 Prozent annimmt. Im vergangenen Jahr stieg das Preisniveau um 8,6 Prozent.

Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit

Bei einer Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich würden dann die personalbezogenen Produktionskosten pro produzierter Einheit um ungefähr 50 Prozent steigen, sagte Kucsera. "Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen stark beeinflussen und die Preise der Produkte würden steigen."

Kucseras Beispielrechnung: Die Personalkosten für vier Beschäftigte mit einem Bruttolohn von jeweils 3456 Euro hätten im Vorjahr inklusive Lohnnebenkosten rund 250.000 Euro betragen. Um die gleiche Arbeit zu erledigen, müsste – unter der Annahme, dass die Produktivität nicht gesteigert werden kann – eine zusätzliche Person eingestellt werden. Dadurch würden die Personalkosten allein heuer um mehr als ein Drittel auf 339.375 Euro steigen. In drei Jahren würde sich die Arbeit um gut die Hälfte auf 377.283 Euro verteuern. "In vielen Branchen wäre das unmöglich zu bezahlen."

Eine Erhöhung der Produktivität sei zwar mit der technischen Entwicklung möglich, aber nicht in diesem Ausmaß und in so kurzer Zeit. Der Arbeitskräftemangel würde sich verschärfen, meint der Agenda-Ökonom. "Nur 17 Prozent der Männer und 13 Prozent der Frauen, die derzeit Teilzeitjobs haben, würden gerne länger arbeiten." Andererseits würden ein Fünftel bis ein Viertel der Vollzeitbeschäftigten gerne weniger arbeiten.

Stattdessen steuerliche Anreize

Um diesen Trend entgegenzuwirken, sollte die Regierung steuerliche Anreize geben, damit mehr Menschen Vollzeit arbeiten, empfiehlt die Agenda Austria. "Wer in Vollzeit ist oder in die Vollzeit wechselt, sollte einen Steuerbonus bekommen, ähnlich dem "Familienbonus Plus", damit würde sich die Steuerbelastung um 1500 Euro pro Jahr reduzieren."