Spanien testet die Einführung der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten haben einen Monat Zeit, um sich für die Teilnahme an dem staatlich finanzierten Versuch zu bewerben, teilte die linksgerichtete Regierung in Madrid am Donnerstag mit. Für den Testlauf sind 9,6 Mio. Euro reserviert. Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen.

Geplant ist, dass bis zu 30 Prozent der Beschäftigten mindestens zehn Prozent weniger Stunden bei vollem Gehalt arbeiten. Die Arbeitgeber erhalten dafür eine Entschädigung. Auch neue Arbeitsmodelle sollen in den betroffenen Unternehmen erprobt werden. Es wird erwartet, dass sich die Teilnehmer mindestens zwei Jahre lang an die neuen Arbeitszeiten halten.

Leistungsfähigere Unternehmen und Arbeitnehmer

In den USA und in Irland fanden letztes Jahr in 33 Unternehmen Versuche zur Viertagewoche statt. Bei gleichbleibendem Gehalt wurde die Arbeitszeit von insgesamt 903 Personen auf 32-Wochenstunden reduziert. Das neue Arbeitszeitmodell wirkte sich positiv auf die Produktivität und das Wohlergehen der Arbeitnehmer aus. Darüber hinaus förderte die 32-Stunden-Woche auch die Unternehmensproduktivität. Die Ergebnisse eines Folgeexperiments in Großbritannien fielen ähnlich positiv aus. Im US-Bundesstaat Kalifornien gab es im Mai 2022 sogar einen Gesetzesentwurf, der vorsah, dass Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern bei Arbeitszeiten über 32 Wochenstunden Überstunden-Zuschläge bezahlen müssen. Aus ungeklärten Gründen wurde dieser jedoch wieder verworfen.

Zwischen 2015 und 2019 führte auch Island Versuche durch, bei denen die Arbeitszeit bei gleichbleibendem Gehalt von 40 Stunden auf 35 oder 36 Stunden verkürzt wurde. Das Experiment war so erfolgreich, dass sich die isländischen Gewerkschaften für eine allgemeine Einführung einsetzten. Bis 2021 hatten bereits 86 Prozent der isländischen Arbeitnehmer ihre Wochenarbeitszeit reduziert oder dies arbeitsrechtlich tun können.

Auch Österreicher wollen weniger arbeiten

In Österreich kann sich jeder dritte Arbeitnehmer laut Arbeiterkammer (AK) nicht vorstellen, den aktuellen Job bis zur Pension auszuüben. "Es wird immer intensiver gearbeitet, der Arbeitsdruck steigt", sagte Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl bei einer Pressekonferenz am Freitag. "Eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung ist der nächste logische Schritt." Die Arbeiterkammer fordert deswegen eine schrittweise Senkung der Arbeitszeit bei voller Bezahlung.

Eine "gesunde Vollzeitarbeit" liege nach Ansicht der Arbeiterkammer bei 30 bis 35 Stunden. Der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten ziehe sich durch alle Branchen. Anderl stützt sich dabei auf eine nicht repräsentative Online-Umfrage, die im Auftrag der Arbeiterkammer durchgeführt wurde. Rund 4700 Personen nahmen daran teil. Acht von zehn Befragten gaben dabei an, weniger arbeiten zu wollen. Jede zweite Teilzeitkraft gab an, sie würde mehr arbeiten, wenn Vollzeit anders definiert werden würde.