Nur vier Tage arbeiten bei vollem Lohn: 56 von 61 Arbeitgebern, die an dem britischen Pilotprojekt beteiligt waren, teilten nach Ende der Testphase mit, die Vier-Tage-Woche beibehalten zu wollen. 18 bestätigten das Konzept sogar bereits als dauerhaft eingeführt. Das geht aus einer unlängst veröffentlichten Analyse von Forschern aus Boston sowie Cambridge hervor. Lesen Sie hier, wie eine österreichische Firma von der Vier-Tage-Woche profitiert.

Sie hatten das Projekt wissenschaftlich begleitet und Tiefeninterviews mit Beteiligten geführt. "Vor Beginn des Projektes haben viele gezweifelt, ob wir eine Steigerung der Produktivität sehen würden, die die Verkürzung der Arbeitszeit ausgleicht – aber genau das haben wir festgestellt", sagte Brendan Burchell von der Universität Cambridge einer Mitteilung zufolge. Durchschnittlich stieg der Umsatz der beteiligten Unternehmen der Analyse zufolge während der Testphase in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres um 1,4 Prozent. Lesen Sie hier, was Österreicher zur 30-Stunden-Woche sagen.

Die Krankheitstage gingen demnach während des Testzeitraums um rund zwei Drittel (65 Prozent) zurück und die Zahl der Angestellten, die in dieser Zeit das Unternehmen verließen, fiel um mehr als die Hälfte (57 Prozent). Rund vier von zehn Beschäftigten gaben an, sich weniger gestresst zu fühlen als vor Beginn des Projektes. Lesen Sie hier über die Problematik, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krank zur Arbeit gehen.

Vom Finanzsektor bis zur Gastronomie

An dem britischen Projekt nahmen sowohl Unternehmen aus dem Finanzsektor, der IT- und Baubranche sowie der Gastronomie und dem Gesundheitswesen teil. Insgesamt beschäftigen die beteiligten Firmen rund 2900 Angestellte. Einige Betriebe führten flächendeckend ein dreitägiges Wochenende ein, während andere den freien Tag der Angestellten über die Woche verteilten oder an Ziele koppelten.

Auch in anderen Ländern wird mit der Vier-Tage-Woche experimentiert, darunter Irland, Island, Belgien oder Australien. Einige deutsche Betriebe testen ähnlichen Modelle aus.

Pilotprojekt für Österreich?

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch hat die britische Studie genutzt, um Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) aufzufordern, Beschäftigte und Unternehmen bei der Umsetzung einer Vier-Tage-Woche zu unterstützen. Der SPÖ-Sozialsprecher kann sich auch für Österreich ein groß angelegtes Pilotprojekt zur Vier-Tage-Woche vorstellen. "Das ist soziale Politik für Österreich", so Muchitsch.

Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) in der GPA plädiert für alternative Arbeitszeitmodelle, bessere Arbeitsbedingungen, gute Planbarkeit und sieht vor allem in einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich Chancen, den Arbeitsmarkt positiv zu gestalten", hieß es am Dienstag in einer Aussendung. Sie verweist dabei auf eine eigene Umfrage. "Das Leben ist zu kurz, ich will mehr Zeit für mich und mein Umfeld haben", sei das Ergebnis der Befragung, in der sich 55 Prozent der Befragten gegen eine Vollzeitbeschäftigung aussprechen. "Beinahe 30 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten in Österreich Teilzeit. Tendenz steigend. Der weitaus größere Teil sind Frauen, aber auch bei Männern wird eine Stundenreduktion immer beliebter", betonen die Christgewerkschafter.

Die Kosten-Nutzen-Rechnung

"Viele Eltern wollen sich selbst um ihre Kinder kümmern, können das aber nur, wenn sie weniger arbeiten müssen", gibt sich Wolfgang Pischinger, Bundesvorsitzender der FCG/GPA, überzeugt. Dem Wunsch, weniger zu arbeiten, stehe aber die Teuerung gegenüber, die es schwierig mache, Stunden zu reduzieren. "Daher ist für die FCG/GPA eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich die beste Lösung. Positive Beispiele gibt es bereits viele", so Pischinger.

In keinem europäischen Land sei "mehr arbeiten" unattraktiver als in Österreich. "Da verstehe ich, dass Menschen nicht wahnsinnig motiviert sind. Wer um 50 Prozent aufstockt, erhält zwar brutto auch 50 Prozent mehr. Netto sind das jedoch bescheidene 32 Prozent mehr am Konto. "Daher fällt die persönliche Kosten-Nutzen-Rechnung oft zugunsten der Teilzeit aus", ist sich Pischinger sicher.