Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser hat sich am Montag der Forderung des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) angeschlossen, Asylwerbern, die gute Chancen hätten zu bleiben, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dadurch könne man die Menschen einerseits integrieren, andererseits würde dem Arbeitskräftemangel entgegengewirkt, sagte er bei einer Pressekonferenz. Zudem übte er heftige Kritik an der Arbeitsmarkt- und Zuwanderungspolitik der Regierung.

Tagesstruktur für Asylwerber und Fachkräfte für die Wirtschaft

Walser schlug vor, dass man Asylwerber nach drei oder sechs Monaten zum Arbeitsmarkt zulassen könne. Man müsse sich jetzt dem Thema Zuwanderung annehmen: "Das lässt nicht auf sich warten", meinte er. "Wir müssen uns darum kümmern, wo bringen wir die Menschen unter und das nicht in irgendwelchen komischen Zelten." Walser führte ins Treffen, dass man Asylwerbern durch Arbeit eine Tagesstruktur geben und gleichzeitig dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken könne.

Er sprach sich lautstark dagegen aus, in dieser Frage "Fremdenhass zu schüren". "Wir haben in Österreich immer schon eine Zuwanderung zum Arbeitsmarkt gebraucht", führte er ins Treffen. Es sei eine "totale Farce", wenn man davon spreche, dass Menschen aus dem Ausland jemandem in Österreich einen Arbeitsplatz wegnehmen würden. Man finde derzeit in Österreich einfach zu wenig Arbeitskräfte. "Wenn das AMS eine Stelle nicht besetzen kann, wo liegt dann das Problem, jemanden aus dem Ausland zu holen?", fragte er.

Integration "könne besser gelingen"

Derselben Meinung war Bernhard Achatz, Leiter der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht in der WK Tirol. Wenn die Menschen arbeiteten, könne die Integration zudem besser gelingen, argumentierte er. Derzeit werden Asylwerber als Saisonarbeiter über das Drittstaatenkontingent angestellt, das allerdings laut Walser und Achatz viel zu gering ist. Sie forderten – wie bereits Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) – einmal mehr eine Aufstockung des Kontingents von aktuell rund 700 auf 1.500 Plätze. Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte habe man zwar "viele Dinge geschafft", sagte Achatz, allerdings sei diese noch "zu formalistisch".

Absage von Karner

Erwartungsgemäß lehnte Innenminister Gerhard Karner den Vorschlag von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Asylwerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, ab. Man dürfe hier keine neuen Anreize schaffen. Es brauche eine strikte und scharfe Trennung zwischen Zuwanderung und Asyl. Asylmissbrauch müsse verhindert und dürfe nicht befeuert werden.

Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) unterstützte die Forderung Ludwigs ebenfalls. "Geflüchtete sollen arbeiten dürfen und durch ihre Arbeit und ihren Lohn Wertschätzung erhalten", sagte er in einer Aussendung am Montag. Auch er argumentierte mit dem "schwer belasteten Arbeitsmarkt" und dass man den Menschen eine "Perspektive" geben müsse. "Auch der Spracherwerb gelingt am Arbeitsplatz schneller", sagte er. Derzeit dürfen Asylwerber nur unter bestimmten Bedingungen für ein Taschengeld arbeiten, kritisierte er: "Auch die Gemeinden sollten hier mindestens nach Kollektivvertrag bezahlen dürfen. Arbeit muss gerecht entlohnt werden, eine Aufwandsentschädigung ist hier nicht ausreichend".

Österreich "schaut nur zu"

Dass die Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen für die Novelle für den Arbeitsmarkt erst vergangene Woche gescheitert sind, bezeichnete Walser indes als "verheerendes Signal". Zumal sich die Regierung in Deutschland erst kürzlich auf neue Regeln zur Zuwanderung von Arbeitskräften geeinigt habe. "In Deutschland wird gehandelt und nicht nur geredet. Das ist ein großer Unterschied zu dem, was in Österreich passiert", kritisierte Walser die "gesamte Regierung, wer auch immer Schuld ist, dass nichts weitergeht". "Wir brauchen eine Regierung, die handlungsfähig ist. Wer auch immer blockiert, sollte sich bewegen", verdeutlichte Walser. Deutschland würde nun "Österreich Fachkräfte aus dem Ausland absaugen", und hierzulande schaue man dabei nur zu.

Für FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger war dies aber der
falsche Weg: "Was es beim derzeitigen Fachkräftemangel braucht, ist ein Maßnahmenpaket gegen die Altersarbeitslosigkeit und eine Lehrlingsoffensive, vor allem braucht es bessere Bezahlung in allen Bereichen, denn Arbeit muss sich auch lohnen". Laut Abwerzger sind
"mehr als 50 Prozent der Asylwerber, die im Zuge der Migrationswelle
2015 nach Österreich illegal einlangten, im Jahr 2022 immer noch
nicht am Arbeitsmarkt integriert", weswegen er der Forderung eine
"Absage" erteilte.