Nach den belastenden Aussagen des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, hängt in der türkis-grünen Koalition der Hausfrieden schief. "Selbstverständlich ist die Koalition belastet", sagte die grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss, Nina Tomaselli. Die Belastung komme durch "das Tun der ÖVP und die Personen, die dort in der Vergangenheit agiert haben".

Die Grünen seien in den letzten zwei Jahren mit einem Dauerfeuer an mutmaßlichen und tatsächlichen Korruptionsmeldungen aus der ÖVP konfrontiert: "Der Koalitionspartner ist dadurch sehr stark mit sich selbst beschäftigt", so Tomaselli, die allerdings der Arbeit der Justiz nicht vorgreifen will.

Sobotka bleibt weiter Vorsitzender

"Aber das befreit uns nicht, die politische Verantwortung zu klären", erklärt die grüne Abgeordnete. Dafür sei der U-Ausschuss der richtige Ort – umso enttäuschter zeigt sich Tomaselli darüber, dass die Neos den Ausschuss nicht verlängern wollen. "Fragen gibt es genug. Nach dem heutigen Tag werden sicher auch noch mehr Fragen hinzukommen", so Tomaselli. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der ebenfalls von Schmid belastet wird, solle "langsam, aber sicher in sich gehen", ob er durch seinen Vorsitz im U-Ausschuss das richtige Bild transportiere, richtete die grüne Abgeordnete aus.

Sobotka denkt aber offenbar nicht daran, sich zurückzuziehen. Er weist die Vorwürfe vehement zurück. "Mehr ist dazu nicht zu sagen", findet der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger: "Da passiert offenbar ein Anpatzen, wie es schon sehr oft passiert ist". Auch er ortet in den Vorwürfen Schmids ein "Bild der Politik, das ich nicht teile". Der ÖVP-Abgeordnete fordert eine objektive Aufarbeitung: "Wenn Fehlleistungen passiert sind, sind die Konsequenzen zu ziehen". Falls sich die Vorwürfe aber als falsch herausstellen, müsse das ebenfalls Konsequenzen haben.

Auch ÖVP will Schmid laden

Unverständnis zeigt die ÖVP darüber, dass die WKStA offenbar Termine für die Befragung von Schmid verschieben ließ, damit dieser nicht vor dem U-Ausschuss aussagen muss. Überspitzt könne man sagen: "Die WKStA hat hier parlamentarische Kontrolle verhindert", so Hanger. Nach den anderen Fraktionen will nun auch die Volkspartei Thomas Schmid in den Ausschuss laden, damit dieser unter Wahrheitspflicht Rede und Antwort stehen kann.

Auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ist empört, dass Schmid nicht vorgeladen wurde. Es sei ein Armutszeugnis, wenn der Innenminister nicht wisse, dass das Justizministerium die Person, die der U-Ausschuss sucht, bereits im Land befragt. Der blaue Abgeordnete kann auch die Entscheidung der Neos, den U-Ausschuss nicht zu verlängern, nicht nachvollziehen. Er vermutet hier eine Entscheidung der Parteispitze – womöglich mit Blick auf eine Regierungsbeteiligung im ÖVP-regierten Niederösterreich.

Neos beenden U-Ausschuss trotz Schmid

"Da ist ihm wohl nichts Besseres eingefallen", hält Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper hingegen. Immerhin gebe es in Niederösterreich ein Proporz-System. Somit ist jede Partei, die ausreichend Stimmen erhält, Mitglied der Regierung. An ihrer Entscheidung, den U-Ausschuss mit 7. Dezember zu beenden, hält sie fest: "Eher hat sich nach gestern unser Bild gefestigt, dass eine Verlängerung keinen Sinn macht, um Reformen durchzuführen".

Auch in den Aussagen von Schmid sieht Krisper "keine neuen Spielarten der Korruption und des Machtmissbrauchs". Reformvorschläge lägen auf dem Tisch, man solle daher die Zeit der Verlängerung lieber nutzen, um diese umzusetzen, als weitere Einzelfälle zu untersuchen. Zusätzlichen Druck dafür würde eine Fortsetzung nicht bringen, denkt die pinke Fraktionschefin. Immerhin habe man dies auch in den letzten Wochen des Ausschusses nicht geschafft.

Die 454 Seiten würden Lücken zwischen den Mails und Chats füllen, sagt SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Es sei jetzt "ganz, ganz schwierig, dieses Bild nicht zu sehen". Es wäre angebracht, dass eine Reihe an ÖVP-Politikern ihre Schreibtische räumen, findet Krainer, "denn es gibt keine Zukunft mehr". Mit den Aussagen von Schmid habe "das Leugnen keinen Sinn mehr". Es werde aber vielleicht "ein paar Tage dauern, bis die Einsicht einkehrt bei der ÖVP".

An den heutigen Befragungstag selbst werden geringe Erwartungen gestellt: Die ÖVP hat zwei Mitarbeiter der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) geladen. Sie sollen einmal mehr erklären, wie die Auszahlungen aus dem NPO-Fonds abgelaufen sind.