In Italien will die Regierung mit Geldstrafen gegen überheizte Wohnungen vorgehen. Soll Energievergeudung mit Geldstrafen geahndet werden? 

Für Sanktionen: Jasmin Duregger, Klima und Energieexpertin von Greenpace

Jasmin Duregger von Greenpeace
Jasmin Duregger von Greenpeace © (c) Mitja Kobal

Lange Zeit wurde das Thema Energiesparen eher stiefmütterlich behandelt – der individuelle Anreiz, den Verbrauch zu reduzieren, war aufgrund niedriger Energiepreise für viele zu klein, die möglichen Kostenersparnisse vergleichsweise gering. Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind die Energiekosten explosionsartig in die Höhe geschnellt. Ein Umdenken findet statt.

Von einem Tag auf den anderen ist das Energiethema plötzlich in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Die Menschen fangen an, ihr Nutzungsverhalten zu hinterfragen, viele Haushalte und Unternehmen stehen vor immensen finanziellen Herausforderungen. Hier sind staatliche Zuschüsse ein richtiger Schritt – die Ausgestaltung nach dem System "Gießkanne" ist jedoch kritisch zu sehen.

Mit dem kürzlich vorgestellten Entlastungspaket der Regierung werden 80 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs eines Dreipersonenhaushaltes (2900 kWh) mit staatlichen Geldern subventioniert. Das führt dazu, dass rund die Hälfte aller österreichischen Haushalte, deren Verbrauch unter diesem Schnitt liegt, damit rechnen können, ihren Stromverbrauch zur Gänze gedeckelt zu bekommen.

Vernünftiger wäre es, den individuellen Vorjahresverbrauch als Referenzwert heranzuziehen und diesen dann entsprechend zu fördern. Somit hätte jeder Haushalt eine echte Motivation, den Verbrauch zu reduzieren.

Die Energiefrage ist auch zentral im Kampf gegen die Klimakrise. Ein Großteil der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit entsteht, weil Kohle, Öl und Gas verbrannt werden. Auch in Österreich machen diese mehr als die Hälfte des gesamten Energiemix aus. Jahrzehntelang hat sich Greenpeace für eine CO₂-Bepreisung starkgemacht, die fossilen Energieverbrauch sukzessive verteuern soll. Parallel dazu muss es soziale Ausgleichsmaßnahmen für niedrige Einkommensschichten sowie Ausbau und Förderungen von klimafreundlichen Heiz- und Verkehrssystemen geben. Die Idee dahinter: Wer mehr fossile Energie verbraucht, zahlt höhere Preise, während nachhaltige Energieformen im Verhältnis billiger werden. Somit wird klimaschädliches Verhalten verteuert. Überspitzt gesagt, wäre dies eine Art "Strafabgabe" für Klimaverschmutzerinnen und -verschmutzer.

Vergessen wir außerdem nicht jene Öl- und Gaskonzerne wie die OMV, die uns in die fossile Abhängigkeit von Russland getrieben haben und durch die gestiegenen Preise etliche Milliarden verdienen. Eine Steuer auf deren Übergewinne ist mehr als angebracht und überfällig.

Gegen Sanktionen: Jan Kluge, Ökonom vom liberalen Thinktank Agenda Austria

Jan Kluge
Jan Kluge © KK

Der Staat muss endlich entscheiden, was er will: Will er uns zum Sparen bewegen oder uns den Konsum erleichtern? Beides geht nicht. Wirtschaftspolitisch lohnt sich in diesen Tagen immer ein Blick zu unseren italienischen Nachbarn. Die Übergewinnsteuer, die die Unternehmen einfach ignorieren, war schon ein Publikumserfolg. Nun lässt man erneut mit einer kreativen Idee aufhorchen: Wer zu viel heizt, soll Strafe zahlen. Wer das kontrollieren soll? Und wie? Diavolo, immer diese Details!
Für politische Ideen, die gut klingen, sich aber administrativ nicht umsetzen lassen, haben wir natürlich auch in Österreich ein Faible.

Deshalb haben wir nun einen Fleckerlteppich an unabgestimmten Maßnahmen. Die Regierung präsentiert inzwischen alle paar Tage ein neues Hilfspaket. Nun haben wir eine Strompreisbremse, die Singlehaushalten den durchschnittlichen Verbrauch einer dreiköpfigen Familie aus der Staatskassa bezahlt. Auf Zurufen der Arbeiterkammer gibt es nun sogar eine Spritpreiskommission, obwohl gerade erst Pendlerpauschale und Pendlereuro drastisch erhöht wurden, um den Menschen das Autofahren nicht zu verleiden. Dazu kommen Dutzende weitere Maßnahmen, die einem durchschnittlichen Haushalt vierstellige Summen in die Taschen spülen. Die Inflation lohnt sich in Österreich.

Ganz besonders in Niederösterreich, wo man pro Kilowattstunde Strom nun elf Cent bekommt, obwohl der Bund sie auf zehn Cent gedeckelt hat. Ein gutes Geschäft.

Wieso sollten wir also sparen, wenn doch die Politik Maßnahmen gegen das Sparen setzt? Die Regierung muss sich entscheiden, was sie will. Will sie die Probleme mit Geld zuschütten und die Rechnung an die zukünftigen Generationen schicken oder will sie ernsthaft versuchen, unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren? Eine Politik, die uns erst massenhaft Geld zusteckt und uns dann bittet, es nicht auszugeben, ist weder Fisch noch Fleisch. An Absurdität nicht zu überbieten wäre es, wenn wir dann noch für zu viel Konsum bestraft würden. Wer stellt einem Bären Honig hin und verurteilt ihn dann, wenn er davon nimmt?

Ein hoher Preis ist der beste Sparanreiz, den es gibt. Da viele Haushalte nur begrenzt sparen können, sind sozialpolitische Maßnahmen natürlich gut und richtig. Aber bei anderen und vor allem bei den Unternehmen, von denen nicht wenige nun auch schon nach Staatshilfen schreien, ist sehr wohl Sparpotenzial da. Preise können den Sparanreiz erhöhen. Eine Heizpolizei brauchen wir nicht.