Der Nationalrat hat am Donnerstag einen weiteren Schritt zu mehr Energiesicherheit angesichts der russischen Aggression in der Ukraine gesetzt. Einstimmig beschlossen wurde eine Regelung, wonach der Staat über den Bilanzgruppenkoordinator Versorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Erdgas beauftragen kann.

Industriebetrieben, die Gas einspeichern, werden Sicherheiten gegeben. Sie sollen auch im Krisenfall über ihre Gasreserven selbst verfügen können. Erst wenn es die Systemstabilität erfordert, greift der Staat gegen eine Entschädigung auch auf diese Reserven zu.

Für Versorgungssicherheit

VP-Energiesprecherin Tanja Graf sprach in der Debatte von schnellen und effektiven Maßnahmen, um die Gasbevorratung zu sichern. Mit dem heutigen Beschluss werde Österreichs Widerstandsfähigkeit gestärkt. Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte, dass man kein Szenario, also auch keinen sofortigen Lieferstopp, ausschließen könne. Daher drehe man an allen Schrauben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Zustimmung kam auch von der Opposition. Seitens der Neos meinte die Abgeordnete Karin Doppelbauer, es handle sich um sinnvolle Maßnahmen, die Planungssicherheit brächten. Kritisch merkte sie an, dass noch immer niemand wisse, wie man alternativ zu Gas kommen könnte. Dass die OMV diesbezüglich schweige, geht für sie nicht.

SP-Energiesprecher Alois Schroll hielt trotz Zustimmung seiner Fraktion eine Brandrede gegen die Koalition, der er Untätigkeit vorwarf. So hätten beispielsweise Deutschland und Italien längst Maßnahmen gesetzt, um die Unabhängigkeit von Russland zu mindern. Auch hätte die Regierung sehen müssen, was sich zusammenbraut: "Das war ein Super-GAU mit Ansage und die Bundesregierung hat zugeschaut."

FPÖ gegen Lenkungsmaßnahmen

Für die FPÖ meinte Axel Kassegger, dass die gegenwärtige Situation ein "Ausfluss vollkommen verfehlter Klima- und Sanktionspolitik" sei. Die Freiheitlichen stimmten zwar zu, wollten aber nichts vom Ausdruck Lenkungsmaßnahmen wissen. Es seien nämlich vollkommene Eingriffe aus einer Notlage hinaus, "nahe an der Schnittfläche der Enteignung", meinte Kassegger.

Grünen-Umweltsprecher Lukas Hammer betonte, dass das Märchen vom billigen, immer verfügbaren russischen Gas für immer vorbei sei. Frühere Regierungen hätten die Energieversorgung Österreichs sehenden Augen den Launen eines Diktators ausgesetzt, warb er vehement für die Energiewende.

Mit Regierungsmehrheit beschlossen wurden die gesetzlichen Grundlagen zur Gewährung der EU-Fördermittel im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Nationale Fördermaßnahmen samt Zielwerten sind in einem Strategieplan definiert, für den die EU allgemeinen Parameter vorgab. Während die Opposition viel Anlass für Kritik sah – vom fehlenden Verbot von Vollspaltenböden bis zur aus ihrer Sicht falschen Förderungsstruktur – sprach der neue Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) von einem "Zukunftsprogramm" für die Bauern und Bäuerinnen. Der Gesetzesbeschluss diene der Versorgungssicherheit, merkten ÖVP und Grüne an.