Der Erweiterte Bundesvorstand (EBV) der Grünen hat sich am Freitag einstimmig für Johannes Rauch als neuen Gesundheits- und Sozialminister ausgesprochen. Der Vorarlberger Landesrat folgt auf Wolfgang Mückstein, der am Donnerstag nach nicht einmal einem Jahr seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte.

Am Donnerstagabend hatte Parteichef Werner Kogler Rauch bereits dem Parteivorstand und dem Parlamentsklub vorgeschlagen. Die Angelobung des neuen Gesundheitsministers durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen soll voraussichtlich Anfang nächster Woche stattfinden, sollte ein Corona-Verdachtsfall in dessen Umfeld nicht für eine Verschiebung sorgen.

Kogler: Rauch ist "Profi mit Tiefgang"

Johannes Rauch sei ein "erfahrener Profi mit Tiefgang, mit Weitblick", der "klare Worte sprechen kann und wird", so Kogler: "Das ist in Krisenzeiten sicher wichtig." Der Vizekanzler betonte, dass Rauch auch das Regierungsprogramm mitverhandelt hat. Das "Urgestein der Grünen" habe große Erfolge in Vorarlberg gefeiert, sagte Kogler und streicht die siebenjährige Regierungsarbeit Rauchs im Ländle hervor.

Es sei nicht so, dass er sich dieses Amt "antue", er freue sich auf den Perspektivenwechsel, sagt der neue Gesundheitsminister. "Schonfrist werde ich keine haben, das kann ein dritter Gesundheitsminister auch nicht erwarten." Er könne versprechen: "Ich werde mein Bestes geben, in unsicheren Zeiten."

Vorbereitung auf Corona-Herbst

Den Fehler, die Pandemie "vorschnell für beendet zu erklären, mache ich sicher nicht", sagte Rauch. Sein "erstes und wichtigstes Vorhaben" sei die Vorbereitung auf Herbst und Winter 2022 und 2023. "Wir sollten dieselben Fehler nicht zweimal oder dreimal machen", denn: "Es wird von der Bevölkerung nicht mehr hingenommen werden, dass wir dann im Glauben, es ist eh vorbei, möglicherweise im Herbst oder Winter in die nächste Welle hineintaumeln", sagt Rauch. Dafür will er auch eng mit der Opposition zusammenarbeiten.

Corona würde "allen unglaublich auf die Nerven" gehen, so Rauch. "Aber es hilft nichts", denn weiter würden Menschen mit Covid-19 im Spital liegen und daran sterben. Man müsse die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit halten, so der künftige Gesundheitsminister. Wichtig sei dabei auch die Kommunikation: "Wenn sich die Leute nicht auskennen, kann man keine Pandemie bekämpfen." Die Basis für die Maßnahmen würde die Wissenschaft legen, die Politik müsse dann faktenbasiert entscheiden, betonte Rauch.

Pflege im Fokus

Seine persönliche Meinung zu den morgigen Lockerungsschritten sei "als Gesundheitsminister irrelevant", sagte Rauch, er trage aber weiterhin überall Maske. Auf die Frage, ob die Impfpflicht ausgesetzt wird, wollte sich der neue Gesundheitsminister nicht festlegen.

Er komme aus der sozialen Arbeit und wolle seine Rolle als Sozialminister stärker in den Fokus stellen, sagte Rauch. Besonders in der Pflege sei die Situation dramatisch. Pflegerinnen und Pfleger hätten Unfassbares geleistet: "Ich weiß das, ich habe das wahrgenommen." Er wolle nun Anreize schaffen, den Beruf attraktiver, auch für Einsteigerinnen und Einsteiger, zu machen. Auch 24-Stunden-Pflegende und pflegende Angehörige bräuchten eine faire Entlohnung, sagt Rauch.

Lob und Respekt für Mückstein

Mückstein sei als Gesundheitsminister viel gelungen, sagte Kogler: etwa in der Einbindung von Expertinnen und Experten in Entscheidungen bezüglich der Corona-Pandemie, mit der Etablierung von Community Nurses, dem Corona-Ausgleichsbonus, dem Gewaltschutzpaket oder Pensionserhöhungen. Auch bei der psychologischen Unterstützung junger Menschen sei "sehr, sehr viel gelungen". Dass Mückstein auch Fehler eingestanden habe, zeichne ihn und die Grünen aus, sagt Kogler.

Kogler zollte dem Gesundheitsminister für seinen Rückzug Respekt. In "dramatischen Zeiten" sei es besonders wichtig, dass Politikerinnen und Politiker mit voller Kraft ihr Amt ausüben könnten, so der Vizekanzler. Der grüne Parteichef betonte, wie gefährlich die Arbeit für Politikerinnen und Politiker, aber auch Expertinnen und Experten geworden ist: Die Virologin Dorothee Von Laer sei eine Zeit lang nur mit einer Perücke außer Haus gegangen, der zweifache Vater Mückstein habe eine kugelsichere Weste tragen müssen. Das könne nicht der Zustand sein, "den wir für dieses Land wollen", sagt der Vizekanzler.

"Wir sind nicht im Krieg, Leute", appelliert auch Rauch, Aggressionen abzubauen. "Es gibt eine zivile Art, das auszutragen." Dass sich Politikerinnen und Politiker sowie ihre Familien Anfeindungen aussetzen müssen, "gehört nicht in die Republik Österreich".