Der führende Intensivmediziner am AKH, Thomas Staudinger, bezeichnet im Gespräch mit der Kleinen Zeitung die Lage an Wiener Spitälern als „extrem kritisch“. So hat der Covid-Belag in Wien mit 245 Patienten zu Wochenbeginn einen neuen Höchststand erreicht. Auf die Frage, ob sich angesichts der leicht sinkenden Infektionszahlen womöglich bald eine Trendwende einstellen könnte, meint Staudinger: „Das einzige Positive ist: Wir sind noch nicht gegen die Wand gefahren.“ Dass Wien vor Ostern die Notbremse gezogen habe, sei überfällig gewesen: „Der Lockdown hat uns davor bewahrt, dass wir in die Katastrophe schlittern.“

"40 bis 50 Prozent kommen auf Intensivstation"

Die britische Variante habe nicht nur eine neue Dynamik entfacht, sondern offenkundig auch bisherigen Muster außer Kraft gesetzt. „Früher kamen 20 Prozent der Patienten, die ins Spital eingeliefert wurden, auf die Intensivstationen, heute sind es 40 bis 50 Prozent.“ Deshalb seien heute Normalstationen weniger von Corona betroffen, als es im Frühjahr und auch im Herbst der Fall war.

Zehn Herz-Lungen-Maschinen bestellt

Noch nie seien in Wien so viele Herz-Lungen-Maschinen im Einsatz gewesen wie aktuell, das AKH habe zehn weitere bestellt. Die Kapazitäten seien allerdings nicht unbegrenzt ausbaubar. „Der Deckel ist das Personal, das wir auf Intensivstationen brauchen.“

Auf die Frage, ob es an Wiener Spitäler bereits zur Triage – im Jargon der Wiener Spitalsbetreiber Patienten-Allokation genannt – komme, meint Staudinger: „Wir sind noch nicht so weit, dass wir Leute sterben lassen müssen.“ Das Nachsehen haben derzeit Nicht-Covid-Patienten, bei denen Operationen verschoben werden müssen.

Thomas Staudinger
Thomas Staudinger © MedUni Wien