Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Christoph Grabenwarter sieht aktuell keinen Grund, ein Amtsenthebungsverfahren gegen das Mitglied des Gerichtshofs Wolfgang Brandstetter einzuleiten. Zuerst bedürfe es entsprechender Unterlagen der ermittelnden Staatsanwaltschaft, so Grabenwarter in der ORF-Pressestunde. Sollte Anklage gegen den früheren Justizminister erhoben werden, werde ein Verfahren eingeleitet. Im Zuge des Prozesses müsste auch der Generalprokurator, im aktuellen Fall Wolfgang Peschorn, gehört werden.

Verkehrsunfall und Lungenembolie

Am Rande der Pressestunde enthüllte Grabenwarter, dass Brandstetter an den Folgen eines Verkehrsunfalls laboriert und an eine Lungenembolie erlitten hat. Das von der Staatsanwaltschaft im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens eingeforderte Handy des einstigen Justizministers habe er persönlich den Behörden übergeben. Gegen Brandstetter wird seitens der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen des Verdachts, eine Hausdurchsuchung an einen ehemaligen Klienten verraten zu haben, ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

"Das hat viele Überrascht"

Zu den schweren Attacken des Kanzlers, aber auch von ÖVP-Politikern gegen die Justiz wollte Grabenwarter im Detail nicht Stellung beziehen, nur soviel war ihm zu entlocken: "Die Justiz hat keine einseitige politische Schlagseite." Der Präsident sparte auch nicht mit Kritik an den Corona-Verordnungen der Regierung, einige sind in der Vergangenheit ohnehin durch den VfGH aufgehoben worden: "Vor einem Jahr war wenig Routine erkennbar. Das hat viele überrascht"

Gegen Eilverfahren

Skeptisch äußerte sich Grabenwarter zur Idee eines Eilverfahrens am Verfassungsgerichtshof. Im Durchschnitt dauerten die Verfahren nur 115 Tage, ein Eilverfahren würde zu keiner wesentlichen Beschleunigung führen. "Ein Rechtsstaat hat einen zeitlichen Preis." Sollte ein Bundesstaatsanwalt eingeführt werden, sollte dieser für zwölf Jahre bestellt werden.