Am Donnerstagvormittag marschierte Gernot Blümel in das Büro der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Wiener Donaukanal. Was der Finanzminister wollte: Klarheit über die Gerüchte, die Behörde führe ihn als Beschuldigten in ihren Glücksspielermittlungen. Der Vertraute von Bundeskanzler Sebastian Kurz bekam das – aber noch weit mehr dazu: „Sein“ Staatsanwalt wartete dort bereits mit einem fertigen und richterlich genehmigten Beschluss für eine Hausdurchsuchung im Hause Blümel.

Zu der es kurz darauf – das erste Mal bei einem amtierenden Finanzminister in der Geschichte der Zweiten Republik – auch kam: Bei Blümel (und zwei weiteren, vorerst unbekannten ebenfalls durchsuchten Personen) wurden Geräte und Unterlagen beschlagnahmt.

Der Verdacht gegen Blümel lautet auf Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit und basiert im Wesentlichen auf einigen SMS aus dem Sommer 2017. Damals drohte dem niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic in Italien eine Steuernachforderung in mehrfacher Millionenhöhe.

Blümel hatte damals – kurz vor dem Ende der Regierung Kern – keine Funktion im Bund, er war Obmann der Wiener Landes-ÖVP und nicht amtsführender Stadtrat ebendort.

Trotzdem wandte sich der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann an Blümel – per SMS: „Hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problemes, das wir in Italien haben!)“. Blümel wandte sich mit dem Anliegen an den damaligen Kabinettschef von Hans Jörg Schelling im Finanzministerium – wo es trotz einer weiteren Urgenz Blümels („Tu es für mich“) versandet sein dürfte.

In der knappen Pressemitteilung der WKStA liest sich das so: „Den Ermittlungen liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Verantwortlicher eines Glückspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe.“ Die Hausdurchsuchungen seien vorab gerichtlich bewilligt worden, die Oberstaatsanwaltschaft Wien war informiert.“

Blümel und Neumann dementieren die Vorwürfe. Der Finanzminister betonte in mehreren Stellungnahmen am Donnerstag, er sei „jederzeit bereit, alles weitere Notwendige beizutragen, um eine schnelle Aufklärung zu ermöglichen und die falschen Vorwürfe zu widerlegen“. Die Spendenlisten der ÖVP-Bundespartei und der ÖVP Wien seien „öffentlich und für jeden einsehbar“, versicherte Blümel. Aus der ÖVP heißt es, unter Kurz hätte man sich entschlossen, keine Spenden aus dem Glücksspielbereich anzunehmen.

Der Glücksspielkonzern Novomatic war auch Thema im „Ibiza-Video“, von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit der Phrase „Novomatic zahlt alle“ im Zusammenhang mit in Vereinen verborgenen Parteispenden verewigt.

Die Opposition forderte am Donnerstag geschlossen Blümels Rücktritt. Der grüne Koalitionspartner schloss sich den Rücktrittsforderungen vorerst nicht an. „Minister Blümel muss unverzüglich alles dazu beitragen, um die Vorwürfe zu klären, und vollumfassend mit den ermittelnden Behörden kooperieren“, so Klubobfrau Sigrid Maurer in einem Statement am Donnerstagnachmittag.
Für Blümel kommt ein Rücktritt nicht infrage: Er werde „solchen Aufforderungen sicher nicht nachkommen