In Regierungskreisen macht sich eine gewisse Ernüchterung breit. Am Mittwoch wollen Kanzler, Vizekanzler, Gesundheits- und Innenminister vor die Öffentlichkeit treten, um erste, vorsichtige Öffnungsschritte nach Auslaufen des bis zum 6. Dezember terminisierten Lockdowns zu verkünden. Doch das Infektionsgeschehen könnte der Regierung einen Strich durch die Rechnung machen. Die Zahl der Neuinfizierten sinkt, allerdings äußerst langsam. Gestern wurden fast 5000 Neuinfektionen, konkret 4954 Fälle, gemeldet. Tenor von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober: „Die Zahlen sind immer noch viel zu hoch. Die müssen weiter runter.“

"Je höher die Infektionen, umso kleiner die Lockerung"

Offiziell will man – verständlicherweise – keine Zahl nennen, ab wann wieder Lockerungen sinnvoll wären. In den Couloirs geistert immer wieder ein Wert von 2000 Neuinfektionen herum. Anschobers Pressesprecherin Margit Draxl dazu: „Es ist relativ einfach: Je höher die Zahl, umso kleiner fällt die Lockerung aus.“ An sich sollten, so die internen Überlegungen, am 7. Dezember wieder Schulen, Handel und die Kirchen öffnen, die Ausgangsbeschränkungen sollten auf die Nachtstunden reduziert werden.

Die große Angst vor dem dritten Lockdown

Die Regierung treibt letztlich eine einzige Frage um: Wie kann man in Österreich wieder zu einem etwas normaleren Alltag zurückkehren, ohne Gefahr zu laufen, im Jänner in einen dritten Lockdown zu schlittern? Vor Ende Februar wird die neue Corona-Impfung, wenn überhaupt, noch keine Wirkung entfalten. So gesehen muss nach Silvester und Neujahr das von Corona gebeutelte Europa noch gut mehrere Wochen durchtauchen – und das bei klirrender Kälte indoor, was das Virus besonders freut.

Politischer Abwehrkampf

Seit Tagen tobt hierzulande ein politischer wie auch medialer Abwehrkampf gegen das Ansinnen von Berlin, Paris und Rom, in den Weihnachtsferien im gesamten Alpenraum (nicht nur Österreich) die Skigebiete gar nicht erst aufzusperren. Gestern beteuerte der Kanzler einmal mehr: „Es gibt keinen Druck auf Österreich.

Quarantäne bei der Rückkehr in die Heimat

Innerhalb der Regierung scheint langsam die Erkenntnis zu reifen, dass die Weihnachtsferien nicht mehr zu retten sind. In Tirol, Vorarlberg und in Teilen Salzburgs kommen bis zu 90 Prozent der Winterurlauber aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, England, dem Benelux-Raum, den nordischen Ländern. Sollten Berlin, Rom und andere Hauptstädte tatsächlich eine Quarantäne für Österreich-Urlauber einführen, wären Pisten und Hotels weitgehend verwaist – etwas anders gestaltet sich die Lage in der Steiermark, in Kärnten und Teilen Salzburgs mit einem höheren Anteil an Inlandstouristen.

Skipisten gehen auf, Hotel bleiben zu

Angesichts dieser Auslage macht nach Informationen der Kleinen Zeitung in Regierungskreisen derzeit die Option die Runde, dass in den Weihnachtsferien die Skigebiete geöffnet werden, Hotels und Pensionen aber per Verordnung geschlossen bleiben – nicht als Zugeständnis an Merkel, Macron und Conte, sondern in erster Linie aus wirtschaftlichen Überlegungen. „Wenn ohnehin kein Gast aus dem Ausland nach Österreich kommt, ist es günstiger, das Hotel gar nicht erst aufzusperren“, sagt ein Hotelier. Beherbergungsbetriebe haben Anspruch auf einen Fixkostenzuschuss, die Angestellten sind in Kurzarbeit.

Österreicher allein auf den Pisten?

Michaela Reitterer, Chefin der Hoteliervereinigung, reagiert gar nicht entsetzt: „Solange die Fallzahlen nicht unten sind, haben wir Verständnis, dass wir nicht aufsperren können.“ Verständnisvoll äußerst sich auch Georg Bliem, der Chef der Schladminger Planai-Bergbahnen: „Wenn es der Gesetzgeber erlaubt, mache ich auf. Sollten die Hotels zubleiben, weiß ich nicht, ob ich alle Anlagen aufsperre.“ Auf den Skipisten wären österreichische Tagestouristen über Neujahr unter sich.