Vor bald drei Jahren hat er begonnen, nun ist er zu Ende - der Buwog-Prozess rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Angeklagte. Am letzten Prozesstag vor der Urteilsverkündung kamen ein letztes Mal die Angeklagten zu Wort. Sie haben ein Recht auf Schlussworte, die meisten haben diese Gelegenheit auch wahrgenommen, um ihre Unschuld zu beteuern.

Am gestrigen Prozesstag waren ihre Verteidiger am Wort, die - mit zwei Ausnahmen - Freisprüche für ihre Mandanten gefordert hatten. Eine Zusammenfassung des gestrigen Prozesstages finden Sie hier.

Im Anschluss zog sich der Senat zur Beratung zurück, ein Urteil hat Richterin Marion Hohenecker für November bzw. Anfang Dezember angekündigt. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Das war der letzte Prozesstag

Ein letztes Mal haben sich Angeklagte und Verteidiger im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes eingefunden, Schöffen und Richterin betreten den Saal, es kann los gehen.

Und es geht los mit einem überraschenden Antrag von Verteidiger Herbert Eichenseder (für Norbert Wicki), der eine Neueröffnung des bereits abgeschlossenen Beweisverfahrens fordert. Es geht um eine nicht vorgelegte Urkunde. Die beiden Staatsanwälte lassen das nicht auf sich sitzen, sie erklären, dass sich die Urkunde sehr wohl im Akt befinde. Der Senat muss also gleich beraten gehen, kurze Pause.

"Ich verstehe die Welt nicht"

Der Antrag wurde abgewiesen und nun nimmt Grasser vor der Richterin Platz. Er bedankt sich für die Chance "letzter Worte" in einem Prozess, der für ihn voller Überraschungen gewesen sei. "Ich versteh die Welt insofern nicht, dass ich angeklagt bin unter anderem wegen Urkundenfälschung, Beweismittelfälschung". Eine dieser Verträge habe Frau R. unterschrieben, die Vorwürfe gegen sie sei jedoch fallen gelassen worden. "Das passt für mich nicht zusammen."

"Ich hatte sieben Jahre lang die Auszeichnung, als Bundesminister für Finanzen für unser Land tätig zu sein. Nach 11 Jahren des Ermittlungsverfahrens ist leider Gottes klar, dass meine Reputation, mein Ruf völlig ruiniert sind." Er habe sein Amt als Minister jedoch stets "nach bestem Wissen und Gewissen" ausgeübt. "Es hat für mich immer nur ein Interesse gegeben: für das Land und die Bürger zu arbeiten. Das war für mich eine Frage der Ehre."

Hochegger, Meischberger und Grasser
Hochegger, Meischberger und Grasser © APA/HERBERT NEUBAUER / APA-POOL

"Ich bin unschuldig"

Grasser bedankt sich bei den Schöffen und der Richterin, das Verfahren sei sehr gewissenhaft und fair geführt worden. Er selbst sei ja immer "mit Adrenalin gefüllt" gewesen, die Schöffen haben aber immer aufmerksam zugehört. Auch wenn das nicht immer einfach gewesen sei. Am Schluss wolle er jedoch festhalten: "Ich bin unschuldig, ich habe nichts Unrechtes getan und ich hoffe auf Ihr gerechtes Urteil."

Grasser ist mit seinen Worten am Ende, jetzt hat Walter Meischberger vor dem Senat Platz genommen. Auch er bedankt sich, "aber irgendwann ist es genug, ist genug gesprochen". Er komme zu dem Schluss - "trotz schiefer Optik - rechtmäßig gehandelt zu haben "und meine Leistungen ordnungsgemäß abgeführt zu haben". Die "Verfolgung durch die Behörden und die öffentliche Vorverurteilung sind in großem Maßen unverhältnismäßig gewesen und haben großen Schaden verursacht. Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgeben, auch das Gericht nicht. Aber vielleicht meine Reputation und meinen guten Namen." Deshalb bitte er "um ein gerechtes Urteil und einen Freispruch in allen Anklagepunkten".

"Habe in Korruptionsbiotop mitgewirkt"

Es geht sofort weiter mit Peter Hochegger. Er habe "in einem Korruptionsbiotop" mitgearbeitet, in dem sich alle Vorteile verschafft haben. "Ich bin froh, dass ich den Mut gefunden habe, meinen Beitrag dazu anzusprechen." Er habe seine Fehler erkannt und die Konsequenzen daraus gezogen. "Nur so konnte ich die Vergangenheit abschließen und meinen inneren Frieden finden." So könne er neu beginnen "und ein schönes neues Kapitel meines Lebens aufzuschlagen." Meischberger und Grasser-Anwalt Manfred Ainedter schütteln bei Hocheggers Ausführungen die Köpfe.

Der Angeklagte Karl Petrikovics werfe sich vor, "verdammt naiv" gewesen zu sein, führt er aus. Er entschuldigt sich für seine "trockenen, manchmal vielleicht nervigen Ausführungen". Er sei jedenfalls unschuldig. Rudolf Fischer, Angeklagter in der Causa Telekom, trage für jene falschen Handlungen, die er gesetzt habe, die Verantwortung. Den Schöffen wünscht er "viel Glück bei Ihrer Urteilsfindung".

"Völliger Nonsense"

Längere Ausführungen kommen von Ex-Immofinant-Manager Christian T., der noch einmal im Detail darlegt, keine falschen Handlungen gesetzt zu haben. Er habe nicht alle Unterlagen zur Verfügung gehabt, ebenso wenig "Einsicht in das Gesamtbild". Der ehemalige Banker der Raiffeisenlandesbank OÖ S. widerspricht den "befremdlichen" Aussagen von Petrikovics, "wir hatten nie mit Grasser zu tun", auch einen Berater habe man "nie gebraucht". Das sei also "völliger Nonsense".

"Ich habe es nicht im Entferntesten für möglich gehalten, dass auch nur ein Teil des Geldes an Herrn Grasser gegangen sein soll oder auch nur einen Moment an Untreue gedacht", sagt der Angeklagte L. - und ist schon wieder am Weg zu seinem Platz. Auch die Angeklagten W., G.,S. und S. (ihre Vollnamen dürfen nicht genannt werden) sind schnell fertig, sie schließen sich den Ausführungen Ihrer Verteidiger an und beteuern ihre Unschuld. S.: "Ich habe nichts verbrochen."

Anwalt und Wirtschaftsprüfer Gerald Toifl holt mehr aus, er habe "immer alles hinterfragt" bei den Recherchen für die Selbstanzeige von Meischberger. "Ich habe nichts verändert oder getäuscht." Auch er bedankt sich bei der Richterin. Nachdem der Verteidiger des abwesenden W. seine kurze Ausführung beendet hat, sind wir am Ende der "letzten Worte".

"Ich schließe die Sitzung"

Die Richterin erklärt zum Abschluss, dass der Termin für die Urteilsverkündung per E-Mail zugestellt wird. Sie bittet aus Gründen der "Fairness", den Termin nicht gleich medial zu verbreiten - "weil es lesen nicht alle Angeklagten gleichzeitig ihre E-Mails". Somit schließe sie die Verhandlung, der Senat ziehe sich zur Beratung zurück - "und zwar schon hier und jetzt".

Damit ist der letzte Prozesstag vor der Urteilsverkündung auch schon zu Ende. In einigen Wochen - an einem Freitag - wird das Urteil verkündet. Wir werden dann auch vor Ort sein. Danke fürs Mitlesen.