Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) präsentierte heute, Dienstag, den von einem unabhängigen Expertenrat verfassten Integrationsbericht. Dieser erscheint zum mittlerweile 10. Mal und bereitet Daten und Fakten rund um Integration und Migration in Österreich auf. Wie bereits bekannt wurde, stieg der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund hierzulande im vergangenen Jahrzehnt stark an.

Heute ist laut dem Bericht fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung (2,070.100 Personen) entweder selbst zugewandert oder hat zugewanderte Eltern. Diese Entwicklung bilde sich auch in den Schulen ab. Der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Umgangssprache stieg seit 2010 von 17,6 Prozent auf 26,4 Prozent im Jahr 2019.

Raab begann ihre Einleitung damit, dass Österreich in den letzten fünf Jahren eine Anzahl an Menschen aufgenommen hat, die der Einwohneranzahl von Klagenfurt gleicht. Die Integration dieser Menschen sei "eine Herausforderung", dies sei ein Langzeitprojekt. "Fördern und Fordern" laute hier weiterhin die Devise. Es gebe noch viel zu tun, "denn Integration ist kein Selbstläufer". Illegale Migration müsse zudem weiterhin bekämpft werden. "Der Erfolg von Integration hängt nun einmal von der Anzahl der zu Integrierenden ab."

In der "Willkommenskultur" habe man 2015 "zwar Willkommen gesagt, aber nicht an das Morgen gedacht". Die Angekommenen zu integrieren "wird eine Mammutaufgabe".

Fünf Eckpfeiler

Um diese Flüchtlinge und Zuwanderer einzugliedern in die Gesellschaft, brauche es fünf Eckpfeiler.

  • Eine Stärkung von Frauen als "Integrationsmotoren"

Frauen seien zentral, wenn es darum gehe, Werte an die nächste Generation zu vermitteln. Andererseits gelte es hier, auf Selbstbestimmung und Zugang zum Arbeitsmarkt zu fokussieren. Aktuell lasse beides noch zu wünschen übrig. Nur etwas mehr als jede zehnte Frau, die während der Flüchtlingskrise nach Österreich gekommen ist, hat nach vier Jahren einen Job, heißt es im Bericht. Bezüglich der Werte betonte Raab, das es "nicht in Ordnung ist, einem Mädchen oder einer Frau zu sagen, wie sie sich kleiden soll".

Die Vorsitzende des Expertenrats für Integration, Katharina Pabel, sieht im Fachkräftemangel jedoch eine Chance für Frauen. "Dieses Thema wird wieder kommen."

  • Identifikation mit Österreich

Auch hier gebe es in manchen Zuwanderungsgruppen weiterhin große Probleme. Während sich mehr als 83 Prozent der Bosnier laut Bericht Österreich zugehörig fühlen, ist es bei der Gruppe der Tschetschenen lediglich die Hälfte. Hier gebe es dringenden Handlungsbedarf, so Raab.

  • Ehrenamt für Zuwanderer

Ehrenamtliche Tätigkeiten sollen künftig verstärkt auch von Zuwanderern übernommen werden. Darin sieht das Ministerium einen "Integrationsturbo". "Das wäre sehr viel wert, ich möchte sagen, sogar die halbe Miete", so Raab. Hier werde der Expertenrat weitere Strategien zu entwickeln.

  • Bildung als "Baustelle", Eltern mit Migrationshintergrund im Fokus

In Wien hat heute mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler eine andere Sprache als Deutsch als Umgangssprache. Österreichweit liegt der Anteil bei 26,4 Prozent. Sprachförderung in den Schulen sowie Elternkurse sollen nun vom Expertenrat erarbeitet werden. Denn die Eltern müsse man hier stärker in die Pflicht nehmen, sagt Pabel. "Die Schulen allein können hier nicht alles leisten."

Der Bereich Bildung bleibe dabei weiterhin "eine große Baustelle", so Pabel. Es sei "alarmierend", dass zwei Drittel der Kinder mit Migrationshintergrund die Bildungsstandards im Lesen nicht erreichen.

Laut Raab seien "die Deutschklassen in jedem Fall ein richtiger Schritt" gewesen. Eltern müssen aber "ihre Mitwirkungspflicht wahrnehmen". Ein Problem sei dabei natürlich, dass diese oft ebenfalls Probleme mit Deutsch haben. Bei Nachfragen nach Zusatzpersonal für die Deutschförderung blieb Raab wage. Ebenso auf die Frage, ob es hier ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr geben müsse. Denn dies sei Ländersache, so die Ministerin.

  • Kampf gegen Paralellgesellschaften

Ein zentrales Thema der ÖVP ist das Bekämpfen von Parallelgesellschaften, die die Partei in Wien bereits in Ansätzen sieht. Anlass für diese Einschätzung waren die Ausschreitungen bei Demos in Favoriten vor einigen Monaten. Um einen potentiellen "Nährboden für Ausschreitungen und Gewalt" zu verhindern, habe man die Dokumentationsstelle für politischen Islam sowie ein Frühwarnsystem eingesetzt. Weitere Maßnahmen dieser Art sollen bald folgen. Raab: "Wir wollen kein Chinatown oder Little Italy".

"Es gibt noch viel zu tun"

"Wir haben in der Integration viel erreicht in den letzten zehn Jahren. Aber es gibt noch viel zu tun", erklärte Raab abschließend. Auf die Frage, ob es mehr Geld für diese fünf Punkte geben wird, erklärte Raab, dass man bereits das Integrationsbudget erhöht habe, hier sei derzeit keine Erhöhung geplant.

Angesprochen auf die Frage, ob Wien in den letzten Jahren hier Fehler gemacht habe, erklärte Raab, dass die Länder das Motto "Fördern und Fordern" mittragen müssen. Man sehe in Wien, dass das teils vernachlässigt werden. Dabei ziehen Zuwanderer vor allem in den Ballungsraum Wien, wo laut Raab die höchste Arbeitslosenquote verzeichnet werde.