Er hoffe, diese Bürde demnächst abgeben zu können, gestand Kardinal Christoph Schönborn Anfang Juni bei den Begräbnisfeiern für den steirischen Altbischof Johann Weber ein. Denn Schönborn ist nicht nur seit 1995 Erzbischof von Wien, sondern übernahm auch drei Jahre später den Vorsitz der Österreichischen Bischofskonferenz. Diese Funktion wollte der Kardinal eigentlich schon Mitte März übergeben, doch wegen der hereingebrochenen Coronakrise sagten damals die Bischöfe ihre Konferenz ab.

Theoretisch koordiniert und moderiert der Vorsitzende nur das Gremium nach innen und repräsentiert es nach außen. Doch gerade medial gilt der Vorsitzende stets als „die“ Stimme der katholischen Kirche in Österreich.
Heute, spätestens morgen, will nun die Konferenz einen neuen Vorsitzenden wählen.

Die Favoriten

Dem Vernehmen nach gibt es zwei klare Favoriten, die beide ihre Wurzeln in der Steiermark haben: den nunmehrigen Salzburger Erzbischof Franz Lackner und den Bischof von Innsbruck, Hermann Glettler, beide sind gebürtige Steirer.

Der Salzburger Erzbischof

Lackner ist ein Spätberufener: Nach einer Elektrikerlehre ging er als UNO-Soldat nach Zypern. Später trat der heute 63-Jährige jedoch in den Franziskanerorden ein, wurde 1991 zum Priester geweiht, 2002 zum Weihbischof der Diözese Graz-Seckau und 2014 schließlich zum Salzburger Erzbischof ernannt.

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Der Innsbrucker Bischof

Glettler wiederum wechselte 2017 nach Innsbruck. Nahe Graz geboren, war der heute 55-Jährige jahrelang Pfarrer von Graz-St. Andrä, einem Stadtviertel mit einem hohen Migrantenanteil. Entsprechend versuchte er als Pfarrer Brücken zwischen den unterschiedlichen Nationen und Religionen – aber auch zur Kunst zu schlagen. Eine Leidenschaft, die der studierte Theologe und Kunsthistoriker auch in Innsbruck fortführt.
Die Entscheidung über den neuen Vorsitzenden wird so auch eine über eine allfällige Verjüngung sein. Und sie soll tatsächlich erst in Mariazell fallen: „Es gibt keine Absprachen“, betont der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl. Ebenso wenig soll es ein Hinweis auf den neuen Wiener Erzbischof sein (Schönborn hat sein Rücktrittsgesuch als Erzbischof im Herbst eingereicht). In der näheren Vergangenheit wurde jedenfalls nur zwei Mal für ein paar Jahre (siehe unten) von dieser ungeschriebenen Regel, dass der Erzbischof von Wien (dem vom Papst auch stets die Kardinalswürde verliehen wurde) der Bischofskonferenz vorsteht, abgewichen.

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