Ein eher zufällig im Rahmen der Ibiza-Ermittlungen aufgetauchter Handlungsstrang rund um Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache führt mitten in die Vorarbeiten der Sozialversicherungsreform – wohl jenes Projekt, mit dem die türkis-blaue Koalition in ihren eineinhalb Jahren das Land am nachhaltigsten verändert hat.

Ein Teil der Reform, die im Kern aus vielen Sozialversicherungsträgern nur noch fünf machen sollte, war die Aufstockung des „Prikraf“, des Privatkrankenanstaltenfonds. Aus diesem bekommen Betreiber privater Spitäler, die zur öffentlichen Gesundheitsversorgung beitragen, einen Teil der Kosten von Behandlungen zurück. Wird jemand etwa in einer privaten Klinik am Bein operiert, bekommt diese das Geld dafür aus dem Prikraf – nicht so viel wie öffentliche Spitäler, aber genug, um den Eingriff rentabler zu machen.

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Wer steht auf der Liste der Nutznießer?

Der Haken: Nicht jedes private Spital kann hier Rechnungen einreichen. Um Mittel aus dem Fonds zu bekommen, muss man auf der Prikraf-Liste stehen – und wer dort steht, kann auch die Politik entscheiden. Derzeit sind 39 solcher Privatspitäler gelistet – und um den jüngsten Eintrag, die Privatklinik Währing, dreht sich die Geschichte, zu der Strache, Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und andere wohl auch im Ibiza-Untersuchungsausschuss werden aussagen müssen, der morgen, Donnerstag, beginnt.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht nämlich, wie ursprünglich die „Presse“ berichtet hatte, dem Verdacht der Bestechung nach. Strache hatte sich seit 2017 öffentlich dafür eingesetzt, die Währinger „Vienna International Medical Clinic“ auf die Prikraf-Liste zu setzen. Deren Betreiber Walter Grubmüller hatte damals eine 10.000-Euro-Parteispende an die FPÖ geleistet. Im Rahmen der Kassenreform wurde dann nicht nur der Fonds um 14 Millionen Euro aufgestockt – großteils aus Mitteln der Sozialversicherung –, sondern auch besagte Klinik per Gesetz auf die Liste gehoben.

Flüge im Privatjet nach Ibiza und Korfu

Die Opposition protestierte schon damals: Die FPÖ lasse sich „ihre Zustimmung damit abkaufen, dass eine Klinik aus dem freiheitlichen Umfeld in den Genuss von Versichertengeldern kommt“, kritisierte etwa Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker.

Er sieht sich durch die Ermittlungen bestätigt und fordert Reformen: „Weil eine Klinik, die Versorgungsleistungen erbringt, keinen Rechtsanspruch auf Aufnahme in den Prikraf hat, ist das System korruptionsanfällig.“ Es brauche objektive Regeln anstatt politischer Spielchen“, so Loacker zur Kleinen Zeitung.

Anlass für die Ermittlungen waren auf Straches Handy gefundene Nachrichten, in denen von Flügen nach Ibiza und Korfu in Grubmüllers Privatjet die Rede sein soll. Außerdem bittet Grubmüller Strache um das „Spendenkonto für die EU-Wahl“ 2019.

Straches Partei spricht von "Hexenjagd"

Während der Koalitionsverhandlungen soll es dem „Standard“ zufolge weiteren SMS-Verkehr des Klinikbetreibers mit Strache gegeben haben: „Welches Gesetz wäre für dich wichtig, damit die Privatklinik endlich fair behandelt wird?“ Und kurz danach: „Brauche genaue Gesetzesänderung, damit ihr zu Euren Genehmigungen kommt!“ Grubmüller antwortet darauf, er werde die Gesetzesänderung in der Parteizentrale“ hinterlegen. Sowohl Grubmüller als auch Strache weisen die Vorwürfe zurück. Es gebe keinen Zusammenhang.

Christian Höbart, Generalsekretär des neuen Teams Strache, sieht laut einer Aussendung eine „Hexenjagd“.