Die 27 gekündigten Mitarbeiter in der SPÖ-Zentrale wird die Arbeiterkammer arbeitsrechtlich vertreten?
RENATE ANDERL: Das wird die Gewerkschaft der Privatangestellten übernehmen.

Ist die Kündigung von einem Viertel der SPÖ-Mitarbeiter in der Zentrale so unausweichlich, wie Parteichefin Pamela Rendi-Wagner es darstellt?
Wenn die Parteivorsitzende einen solchen Schritt tätigt, gehe ich davon aus, dass das seinen Grund hat. Die letzten Wahlen sind für die Sozialdemokratie sehr negativ ausgegangen, auch für den finanziellen Hintergrund. Ich gehe davon aus, dass sich die Parteivorsitzende das genau angesehen hat.

Wussten Sie von den Kündigungen – just vor Weihnachten?
Nein, davon wusste ich nichts.

Wenige Tage vorher sagten Sie, Pamela Rendi-Wagner sei die richtige Frau an der richtigen Stelle. Das sagen Sie jetzt auch noch nach der Kündigungswelle?
Diese Situation hätte besser laufen können. Aber deshalb zu sagen, sie ist die Falsche, ist nicht mein Ansatz. Wir können nicht heute jemandem unsere Stimme geben und morgen sagen, vielleicht ist sie’s doch nicht. Dann muss man auch zu jemandem stehen.

Seit Gründung der SPÖ vor 130 Jahren in Hainfeld ist der Vorgang einzigartig. Irritiert Sie der Zustand der Partei?
Mich irritiert am meisten, dass die SPÖ mit ihren Themen nicht mehr bei den Wählerinnen und Wählern ankommt. Die Themen Wohnen und Einkommen, Bildung, Beschäftigung und Klima stimmen, das Grundübel ist die Verpackung.

Die war unter Christian Kern sowie Pamela Rendi-Wagner und Thomas Drozda verfehlt? Seit 2015 hat man fürs Verpacken von 86 auf 102 Mitarbeiter erhöht.

Ich habe als überparteiliche Arbeiterkammerpräsidentin weder Einfluss noch direkten Einblick in die SPÖ. Ich bin im Bundesparteivorstand nur ohne Stimmrecht kooptiert.

14,9 Millionen Euro Schulden der SPÖ müssen Sie auch als normales Parteimitglied verstören.
Selbstverständlich, die Situation in der Sozialdemokratie bereitet Kopfzerbrechen. Es ist jetzt an der Zeit, die SPÖ auf neue Beine zu stellen, damit sie die Themen an die Menschen bringt. Die Sozialdemokratie hilft Menschen, die Hilfe brauchen. Derzeit sind Themen mehr auf Migration gerichtet, die Österreich schaden soll, was ich ganz anders sehe.

Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser forderte Revolution hin zu den SPÖ-Grundwerten ein. Wie?
Es geht um Geschlossenheit in der Partei, zu etwas zu stehen. Es ist nicht günstig, wenn ständig aus irgendeiner Richtung ein Schuss losgeht.

Jüngst sagten Sie, die SPÖ sei zum Regieren nicht geschlossen genug. Koalitionsunfähig?
Nein. Geschlossenheit kann schnell hergestellt werden. Aber man muss sich überlegen, ob man mit der ÖVP bei den Themen zusammenkommt.

Derzeit geht es Richtung Türkis-Grün. Was ist Ihr dringendstes Anliegen für die 3,7 Millionen Arbeitnehmer, die Sie vertreten?
Es ist zu schauen, dass sich die Arbeitnehmer für die Digitalisierung qualifizieren können. Es braucht leistbares Wohnen und zum Klima ein 10-Milliarden-Investitionspaket. Hier ist viel zu tun, man muss es nur angehen.