Österreichs Parteien sind verschuldet – und zwei davon wohl sogar in zweistelliger Millionenhöhe, mit Krediten bei Banken, Landes- und Teilorganisationen, die sie über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte abbezahlen müssen.

Was Kenner der innenpolitischen Szene schon lange geahnt haben, lässt sich nun zum ersten Mal schwarz auf weiß nachlesen: Interne Dokumente der ÖVP, die die Wiener Stadtzeitung „Falter“ veröffentlicht hat, beziffern das „negative Eigenkapital“ der Bundespartei Ende 2017 mit 21,5 Millionen Euro – davon 18,5 Millionen Euro Schulden bei Banken.

Zahlen, die der Wiener Politikwissenschaftler und Parteifinanzierungsexperte Hubert Sickinger für durchaus plausibel hält: 2012 sei die ÖVP-Bundespartei nach eigenen Angaben praktisch schuldenfrei gewesen. In den jährlichen Rechenschaftsberichten, die die Partei seither verpflichten vorzulegen hatte, ist aber mehrmals die Aufnahme neuer Schulden verzeichnet. Der größte Brocken davon – rund 15 Millionen Euro – kam im Wahljahr 2017 dazu, als die Volkspartei die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro brach und stattdessen rund 13 Millionen Euro ausgab.

Sickingers Schätzung, wie hoch der Schuldenstand der ÖVP abzüglich der Tilgung (6,9 Millionen Euro weist sie zwischen 2013 und 2017 als Schuldendienst aus, also für Zinsen und Tilgung, ohne die Summe näher aufzugliedern) mit Ende 2017 liegt (dem Jahr des letzten veröffentlichten Rechenschaftsberichts), deckt sich mit der im „Falter“ veröffentlichten Summe rund um die 20 Millionen Euro.

Auch die SPÖ dürfte aber weiterhin in der Kreide stehen, sagt Sickinger: Im Jahr 2000 hatte die Sozialdemokratie umgerechnet rund 29 Millionen Euro Schulden. Schreibt man Neuaufnahmen und Tilgungen aus den Rechenschaftsberichten seither fort, komme man Ende 2017 auf mindestens 15,3 Millionen Euro Schulden – unter der fiktiven Annahme, dass alle Darlehen ohne Zinsen abgeschlossen worden wären. Realistischer sei ein Betrag deutlich über 20 Millionen Euro, sagt Sickinger.

2018 verkaufte die SPÖ einen Teil ihres Vermögens, das Wiener Gartenhotel Altmannsdorf, und tilgte einen Teil ihrer Schulden; noch immer soll sie aber Schulden in zweistelliger Millionenhöhe haben.

Deutlich niedriger dürften die Schulden der anderen Parteien ausfallen: Die FPÖ hat 2013 bis 2017 Kredite im Wert von 10,4 Mio. Euro aufgenommen, im selben Zeitraum rund fünf Millionen Euro Schuldendienst geleistet. Genaue Angaben zu ihren Schulden – wie hoch, bei wem und zu welchen Konditionen wollen weder Freiheitliche noch ÖVP noch SPÖ machen.

Transparenter geht es bei den Kleinparteien zu: Die Neos haben bei ihrer Mitgliederversammlung im Juli ihre Finanzplanung offengelegt. Demnach erwarten sie zu Jahresende eine Gesamtverschuldung von rund 2,2 Mio. Euro, davon 525.000 Euro bei Banken. Die Bundes-Grünen haben ihrem Finanzreferenten Wolfgang Raback zufolge 953.000 Euro Bankschulden, Jetzt-Bundesgeschäftsführerin Herta Emmer bezeichnet die Partei als schuldenfrei.

„Hohe Schulden sind natürlich ein Problem“, sagt Sickinger zur Kleinen Zeitung: „Das schränkt den Manövrierspielraum einer Partei stark ein“. Ein Beispiel: Wenn eine Bundespartei auf Kredite ihrer Landesorganisationen angewiesen sei, würde sich das Machtgleichgewicht noch weiter zu deren Gunsten verschieben.