Angesichts der Personalknappheit in der Justiz haben Vertreter der Parlamentsparteien am Donnerstag an die nächste Regierung appelliert, für eine bessere Ausstattung zu sorgen. SPÖ und Neosforderten insbesondere ausreichend Personal. Die Liste "Jetzt" will der ÖVP das Justizressort nicht mehr geben. Die FPÖ will einen Kassasturz schon unter der jetzigen Übergangsregierung.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim wünscht sich von der nächsten Regierung, die Personal-Berechnungsmodelle zur Hand zu nehmen und die sich daraus ergebenden Bedürfnisse zu berücksichtigen. "Der Personal-Mindeststand gehört erfüllt", betonte Jarolim gegenüber der APA. "Wer bei der Justiz spart, gefährdet den Rechtsstaat und wer den Rechtsstaat gefährdet, sät Gewalt."

Schuld an der derzeitigen Misere ist seiner Ansicht nach die "Ignoranz" der früheren Regierungen, wobei er nicht nur die türkis-blaue sondern auch schon die rot-schwarzen davor meint. Die Appelle der Justiz und der Standesvertretung seien bei den Regierungen nicht angekommen. Dass sich die Situation zu einer Katastrophe entwickelt, sei absehbar gewesen. Im Justizausschuss hätten sich alle Fraktionen einstimmig dazu bekannt, sicherzustellen, dass die Justiz nicht vor die Hunde gehen dürfe.

Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss richtete einen "dringenden Appell" an die nächste Regierung, eine bessere budgetäre Ausstattung der Justiz zu ihrer ersten Priorität zu machen. In einer Aussendung betonte Griss, dass die Notlage des Justizsystems früher oder später auch für die Bevölkerung spürbar sein werde. "Wenn Verhandlungen nicht geführt, Urteile von den Kanzleien nicht ausgefertigt werden können, weil kein Personal da ist, dann ist im Rechtsstaat Gefahr in Verzug. Wir müssen rasch dafür sorgen, dass die Justiz die notwendigen Mittel bekommt, um ihre Aufgabe erfüllen zu können. Wer Rechtsstaat sagt, muss ihn auch finanzieren", betonte die NEOS-Allianzpartnerin.

"ÖVP schuld an Misere der Justiz"

Für die Liste "Jetzt" ist die ÖVP schuld an der Misere in der Justiz. "Sie stellte über zehn Jahre sowohl Finanz- als auch Justizminister und hat unseren Rechtsstaat verantwortungslos kaputtgespart", meinte Justizsprecher Alfred Noll in einer Aussendung. Für die Rettung der Justiz sieht Noll daher nur einen Weg: "Finanz- und Justizressort ohne ÖVP-Minister." In der Zwischenzeit appelliert er an Justizminister Clemens Jabloner: "Sanieren Sie die Justiz, solange Sie die Gelegenheit haben. Wenn in der nächsten Regierung wieder die ÖVP für diese Ressorts verantwortlich ist, wird es weiter rapide bergab gehen."

Einen Kassasturz - wenn möglich schon unter der jetzigen Regierung - wünscht sich FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan gegenüber der APA. Er gab zu, auch in der vergangenen Regierung mit freiheitlicher Beteiligung die Fachkräfte in der Justiz zu wenig beachtet zu haben, da das richterliche Personal einfach auch die bessere Lobby habe. Daher bilde dieser Bereich im letzten Budget auch eine gewisse "Schwachstelle". Für Stefan wäre die von ihm gewünschte Bestandsaufnahme beim Justiz-Personal keine politische Angelegenheit, daher könne sich auch schon die Übergangsregierung dieses Themas annehmen.

ÖVP-Plädoyer für Reformen

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl verwies darauf, dass ein ausreichendes Justizbudget "essenziell" sei. Gleichzeitig sei es aber "nötig, Reformen und Innovationen voranzubringen", sagte er am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

Diesbezüglich führte er etwa die Digitalisierungsmaßnahmen von Ex-Justizminister Josef Moser (ÖVP) ins Treffen. "Hier muss auch weiter unser Fokus liegen", so Gerstl.

Notfallpläne schon in Kraft

Die Personaleinsparungen haben sich bereits an den Gerichten bemerkbar gemacht. Die Bezirksgericht haben schon Notfallpläne ausgearbeitet, zum Teil sind sie bereits in Kraft. An manchen Gerichten wurden bereits telefonfreie Nachmittag eingerichtet. Für den Notfall wird den Bezirksgerichts-Vorstehern empfohlen, Prioritäten zu setzen. Hintangestellt werden könnten dann z.B. Verlassenschafts- oder Verkehrsunfallsachen, Besitzstörungsklagen oder Exekutionsanträge. Auch das Wiener Straflandesgericht beklagte zuletzt den Mangel vor allem an nicht-richterlichem Personal.