Es kommt nicht oft vor, dass ein Bauprojekt in Wien zum Bundespolitikum wird. Bei der Neugestaltung des Heumarkt-Areals in der Wiener Innenstadt, das sich zwischen dem in die Jahre gekommenen Hotel Intercontinental und dem Konzerthaus befindet, ist das jedoch „gelungen“. Die SPÖ zog nun die Reißleine und legte das Projekt für zwei Jahre auf Eis. Es solle eine „Phase des Nachdenkens“ geben, in der „sich gar nichts ändern wird“, kündigte der Wiener Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) an.

Seit Jahren wird um das Projekt gestritten, das 2017 fast die Wiener Grünen gesprengt und die rot-grüne Rathauskoalition erschüttert hätte. Der Grund: Der auf dem Areal geplante 66 Meter hohe Turm hatte die Unesco dazu veranlasst, Wien auf die rote Liste zu setzen. Das Bauwerk würde das Stadtbild „zerstören“, hieß es damals, eine Aberkennung des Weltkulturerbe-Status wäre die Folge.

Öhlinger: Weisung wäre möglich

Anfang des Jahres schaltete sich der Bund ein. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) hatte Wien mit einer Weisung gedroht, sollte die Stadt ihren Status verspielen. Dass eine solche rechtlich machbar wäre, hatte Blümel damals der Verfassungsjurist Theo Öhlinger bescheinigt. „Wenn ein Land eine völkerrechtliche Vereinbarung wie jene mit der Unesco nicht erfüllt, kann der Bund tätig werden“, erklärt Öhlinger nun im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Ich habe aber schon damals nicht damit gerechnet, dass sich die Regierung traut, mit einer Weisung einen Krieg mit der Stadt anzufangen.“

Eine Entscheidung, die die SPÖ dem Kulturminister nun abgenommen hat. Am Wochenende hatte ein Gutachten des Denkmalrats Icomos für Aufsehen gesorgt, in dem der Stadt noch einmal eine Aberkennung angedroht wurde. Eine Planungspause von zwei Jahren wurde darin ebenfalls empfohlen. Die Opposition schoss sich daraufhin auf Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ein, FPÖ und ÖVP warfen ihm „Untätigkeit“ vor.

Wien wählt 2020

Schlechte Presse, die die SPÖ-Hochburg Wien nur ein Jahr vor der nächsten regulären Landtagswahl nicht brauchen kann. Deshalb wolle man nun zwei Jahre „nachdenken“, auch ein eigener Managementplan für den Erhalt des Weltkulturerbes soll in dieser Zeit entworfen werden.

Kulturminister Blümel, der heute mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in der Causa vor die Medien treten wollte, um der SPÖ das Gutachten um die Ohren zu hauen, seien laut Öhlinger nun die Hände gebunden. „Denn solange nichts passiert, das dem Unesco-Vertrag schadet, kann auch keine Weisung erteilt werden.“