Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist im ORF-Sommergespräch deutlich auf Distanz zum ungarischen Regierungschef Viktor Orban und dessen Fidesz-Partei, die zur Familie der Europäischen Volkspartei gehört, gegangen. Und er kündigte an, dass die ÖVP-Fraktion am 12. September im Europaparlament für ein Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn stimmen und die EVP-Mitgliedschaft von Fidesz ruhend gestellt werde.

Kurz zeigte sich damit auf einer Linie mit ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament Othmar Karas, der letzte Woche vorgeschlagen hatte, die Fidesz-Mitgliedschaft im Falle eines Rechtsstaatlichkeitsverfahrens der EU gegen Ungarn ruhen zu lassen. "Es gibt keine Kompromisse bei der Rechtsstaatlichkeit. Die Grundwerte sind zu schützen", sagte Kurz Montagabend. Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit in osteuropäischen Staaten betreffen aber nicht nur die Volkspartei, betonte der Kanzler. "Das sind nicht nur böse Rechte, sondern Politiker aus allen Parteifamilien." Die EU-Kommission habe hier die wichtige Funktion, genau hinzuschauen.

Strache lädt Orban ein

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat indes dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban am Montag eine Kooperation im EU-Parlament angeboten.

Heinz-Christian Strache
Heinz-Christian Strache © APA/BARBARA GINDL

"Ich lade den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und seine Fidesz-Partei gerne zu einer zukünftigen Zusammenarbeit in eine gemeinsame EU-Fraktion ein!", schrieb Strache am Montagabend auf Facebook. Das Posting war Dienstagfrüh nicht mehr zu sehen. 

Die FPÖ ist Mitglied der Rechtsaußenfraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (EFN), der auch Marine Le Pens rechtspopulistische Rassemblement National (frühere Front National) und Matteo Salvinis ausländerfeindliche Lega angehören.

Als "völlig unverständlich" bezeichnete Strache den Standpunkt der deutschen CDU, die der ungarischen Regierung mit einem Sanktionsverfahren drohte, wenn diese im Streit um Rechtsstaatsprinzipien nicht einlenke. "Absurd" sei auch der Vorschlag des EU-Abgeordneten und ÖVP-Delegationsleiters im EU-Parlament, Othmar Karas, die Mitgliedschaft der Fidesz in der Parteienfamilie EVP ruhend zu stellen.