Sie wollen mehr direkte Demokratie, ein gerechteres Österreich oder den EU-Austritt. Sie schimpfen auf Konzerne, Medien, Flüchtlinge. Oder pauschal auf das „System“. Manche von ihnen sind echte Idealisten. Ideologisch und programmatisch geht es von weit rechts (Freie Heimatliche Bewegung) bis links außen (Sozialistische Linkspartei), über esoterisch angehaucht (Planetarier) bis skurril (G!LT).

Rund 15 solcher sogenannter Kleinstparteien wollen bei der Nationalratswahl am 15. Oktober auf dem Stimmzettel stehen. Um das zu schaffen, müssen sie bis kommenden Freitag bundesweit 2600 Unterstützungserklärungen (siehe Grafik) sammeln. Wer nur in der Steiermark antreten will braucht 500 Unterschriften, in Kärnten 200, in Vorarlberg etwa nur 100. „Bei einer guten Struktur ist das schaffbar. Aber vielen fehlt das natürlich, deshalb wird es wohl kaum Überraschungen geben“, konstatiert der Politologe Peter Filzmaier. „Auch der Faktor Geld entscheidet, dann kann man etwa eine Agentur beauftragen, um Unterschriften zu sammeln.“ So agierte 2013 etwa das Team Stronach. Fix dabei sind 2017 neben den üblichen Verdächtigen erstmals die Liste Pilz und die FLÖ (Liste Schnell). Durch drei Unterschriften von Nationalratsabgeordneten ersparten sich die beiden das mühsame Rennen um Unterstützer.

"Dieses System ist bürgerfeindlich"

Gerhard Kuchta von der Demokratischen Alternative hat eine Kandidatur bereits abgeschrieben. „Der Rücklauf war überschaubar, wir sind einfach chancenlos. 2600 Unterschriften sind nicht machbar. Selbst ein bekannter Name wie Roland Düringer tut sich schwer.“ Der Kabarettist könnte es mit seinem Projekt G!LT aber tatsächlich bundesweit schaffen. „Es wird arschknapp werden. Jetzt zählt wirklich jede und jeder“, sagt Düringer, der vor allem Nicht- und Protestwähler ködern will. Mehr als die absolute Unterschriftshürde stört die Kleinsten das mühsame Prozedere. „Wir haben ein versteinertes Wahlrecht. Die Menschen müssen quasi mit dem Pferdewagen zur Gemeinde fahren“, schimpft Hannes Hausbichler, Chef der Männerpartei. Diese trat 2013 schon in Vorarlberg an und will es diesmal in mehreren Bundesländern schaffen.

Unterstützer – österreichische Staatsbürger, die in der Wählerevidenz eingetragen sind - müssen sich ihre Unterschrift am heimatlichen Gemeindeamt oder notariell beglaubigen lassen und ihre Unterstützungserklärung dann „ihrer“ Partei zukommen lassen. Eine zu hohe Hürde für die meisten. „Das System ist einfach bürgerfeindlich, die Mächtigen diktieren“, moniert Rudolf Gehring. Der Chef der CPÖ (Christliche Partei Österreichs) hofft in den letzten Tagen noch genügend Unterschriften für eine Kandidatur zusammenzukommen. 2013 trat die CPÖ in Oberösterreich, Vorarlberg, Burgenland und Steiermark an.

"Migrantenpartei" hofft noch auf ein Antreten

Was vielen Repräsentanten der Kleinstparteien besonders sauer aufstößt: Die Unterschrift eines Nationalratsabgeordneten ist gleich viel wert wie 867 Bürgerunterschriften. „Das kann man natürlich in Frage stellen und sollte wohl auch bei einer Wahlrechtsdebatte in der kommenden Legislaturperiode thematisiert werden“, konstatiert Politologe Filzmaier. „Die regierenden Politiker sollten mal einen Tag auf die Straße, dann würden sie merken wie dazu die Stimmung in der Bevölkerung ist“, sagt Robert Marschall, der mit seiner EU-Austrittspartei ein bundesweites Antreten anpeilt. Ein weiteres Ungleichgewicht. Während Bürger nur eine Gruppierung unterstützen dürfen, könnten Abgeordnete theoretisch für beliebig viele ihre Unterschrift leisten. „Wir haben auch mit aktuellen Abgeordneten Gespräche geführt, um vielleicht ihre Unterstützung zu bekommen“, erzählt Hakan Renda von der NBZ (Neue Bewegung für die Zukunft). Konkret wurde es nicht, so muss die von Migranten gegründete Gruppierung auch den steinigen Weg gehen. Die Urlaubszeit erschwert dieses Unterfangen zusätzlich. In einigen Bundesländern will die NBZ aber jedenfalls antreten. Was diese Gruppierungen in ihren Wahlprogrammen stehen haben, ist übrigens völlig irrelevant – eine inhaltliche Prüfung ist nicht vorgesehen. Mit einer einzigen Ausnahme: „Wenn es Verdachtsmomente der Wiederbetätigung gibt, schauen sich das Landes- oder Bundeswahlbehörde an“, heißt es aus dem Innenministerium. Diese Prüfung erfolge auf Antrag oder aufgrund öffentlicher Diskussionen. Vor der Nationalratswahl 1990 gab es einen solchen Fall. Damals wurde die wahlwerbende Gruppe „Nein zur Ausländerflut“, die genügend Unterschriften für eine Kandidatur in Wien gesammelt hatte, aufgrund des Verbotsgesetzes, nicht zur Wahl zugelassen.

Einige die 2013 noch dabei waren, versuchen es diesmal gleich gar nicht. Neben Team Stronach sind das auch BZÖ, Piratenpartei und Der Wandel.