Der erste Befragungstag im Eurofighter-Untersuchungsausschuss am Mittwoch konnte mit ein paar kleinen Überraschungen aufwarten. So wurde etwa bestätigt, dass der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn auf Wunsch von Eurofighter von den Verhandlungen zum Vergleich 2007 abgezogen wurde. Birgit Caesar-Stifter vom Rechnungshof bekräftigte die Kritik an fehlender Dokumentation der Verhandlungen.
Zum Auftakt des U-Ausschusses ging es um den vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit EADS ausverhandelten Vergleich. Um Kosten zu senken, wurden damals drei der 18 Kampfjets abbestellt. Vom Rechnungshof wurde dieser Vergleich 2008 und 2013 in Berichten heftig kritisiert. Unter anderem konnten die von Darabos behaupteten Einsparungen nicht nachvollzogen werden, denn während der frühere Ressortchef von 370 Mio. Euro sprach, bestätigte der RH nur 267 Mio. Euro.
Eurofighter-U-Auschuss gestartet: Erste Befragungen im Parlament
Für die Prüfung fehlten dem RH wesentliche Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium, betonte die erste Auskunftsperson Caesar-Stifter. Eine Gesamtbeurteilung des Vergleichs sei somit nicht möglich gewesen. Auch die fehlende Dokumentation über die maßgeblichen Verhandlungen "störte" die Prüfer. Laut Caesar-Stifter wäre die Einbindung der Finanzprokuratur in die Verhandlungen zweckmäßig gewesen. Präsident Peschorn sei auch bereits in den Ablauf der Beschaffung sowie auch später in Fragen der Vertragsanpassung eingebunden gewesen. Im Lauf der Vergleichsgespräche wurde er aber von Eurofighter als Verhandlungsteilnehmer abgelehnt, zitierte FP-Mandatar Reinhard Bösch aus entsprechenden Unterlagen.
Eurofighter-Vergleich ohne Finanzprokuratur verhandelt
Peschorn selbst bestätigte dies später und erklärte auf Nachfrage des Grünen Peter Pilz, von Darabos' Kabinettschef gehört zu haben, dass er auf Wunsch eines Eurofighter-Managers keine führende Rolle bei den Gesprächen spiele. "Ich bin nicht so beliebt, aber das betriff manchmal auch die Republik selbst", so Peschorn. Und kein Minister sei verpflichtet, die Finanzprokuratur bei Verhandlungen einzubinden. Den Vergleichsabschluss kritisierte der Präsident der Finanzprokuratur: "Also ich hätte ihn nicht empfohlen." Aus heutiger Sicht hätte Darabos gänzlich aus dem Vertrag aussteigen können. 2007 sei das aber nicht in dieser Klarheit sichtbar gewesen, meinte Peschorn weiter.
Grundsätzlich habe es eine breite Palette an Möglichkeiten gegeben - und der komplette Ausstieg sei eine dieser Optionen gewesen. Aus seiner Sicht wäre es, als die möglichen Lieferprobleme für die Jets 2007 absehbar wurden, jedenfalls durchaus möglich gewesen, die wenigen Wochen bis zu den ersten Lieferterminen zuzuwarten. Schon eine verspätete Lieferung der Kampfjets hätte seiner Erinnerung nach 200 Mio. Euro Pönale auslösen können.
Fehlende Distanz
Gesprochen wurde im Ausschuss auch über Darabos' Zivilrechtsexperten Helmut Koziol, der für seine Beratertätigkeit schlussendlich 112.000 Euro erhielt. Öffentlich präsentiert wurde dessen Expertise am 25. Juni 2007. Zu diesem Zeitpunkt war der Vertragsausstieg freilich längst vom Tisch, denn tags zuvor hatte Darabos die Vergleichspunktation mit Eurofighter unterzeichnet - was der Minister bei der Präsentation des Koziol-Gutachtens aber nicht erwähnte. Der Vergleich - also die Reduktion von 18 auf 15 Jets und der Verzicht auf die modernere zweite Baureihe - wurde erst am 26. Juni öffentlich bekannt.
Dass Koziol eng vertraut mit dem Eurofighter-Berater Meinhard Lukas gewesen sei, ist auch Peschorn aufgefallen - laut FPÖ-Mandatar Walter Rosenkranz kennen sich Lukas und Koziol aus ihrer universitären Laufbahn. Der Chef der Finanzprokuratur stellte dazu fest, auch er habe den Eindruck gehabt, dass sie sich "gut kennen und sich nahe stehen, obwohl sie verschiedene Parteien vertreten haben".
Fixiert wurden vom Ausschuss am Mittwoch auch weitere Zeugenladungen. Demnach soll am 20. Juni unter anderem der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und am 14. Juni sein ehemaliger Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) den Abgeordneten zur Verfügung stehen. Morgen, Donnerstag, geht es weiter mit dem ehemaligen Verteidigungsminister, Darabos wird um 9 Uhr im Budgetsaal des Parlaments erwartet.
Antworten auf die wichtigsten Fragen:
1)Was kann in sechs Wochen U-Ausschuss überhaupt erledigt werden? Bis 12. Juli kann der Ausschuss arbeiten, denn einen Tag später wird die Neuwahl im Herbst beschlossen, die gleichzeitig die Auflösung des Parlaments und damit auch das Ende des Ausschusses bedeutet. Weil nun deutlich weniger Zeit bleibt, müssen Grüne und FPÖ ihren Fahrplan umstellen. Der neue Plan soll heute inklusive Zeugenladungen festgelegt werden. Angeblich soll dieser statt bisher neun Termine 14 Ausschusssitzungen vorsehen. Das erste Highlight gibt es schon morgen, Donnerstag, wenn der ehemalige SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos aussagen wird. Auch die beiden ehemaligen Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) werden vor den Ausschuss geladen.
2) Und nach dem 13. Juli ist dann alles wieder vorbei? Nein, der Ausschuss dürfte seine Arbeit nach der vorgezogenen Nationalratswahl und damit spätestens Mitte Dezember erneut aufnehmen. Denn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ausschuss-Frontmann Peter Pilz (Grüne) haben bereits vereinbart, keine Zeit verlieren zu wollen. Bei der ersten Plenumssitzung nach der Wahl wolle man den Ausschuss wieder einsetzen. Und auch die neue ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger erklärte bereits, dass die ÖVP eine Fortsetzung des U-Ausschusses unterstütze.
3) Was soll in den nächsten sechs Wochen untersucht werden? Bis der Ausschuss im Juli endet, widmet er sich dem „Beweisthema I“. Das ist der Vergleichsdeal, den Darabos im Jahr 2007 mit dem Jet-Hersteller abgeschlossen hatte. Nachdem die SPÖ 2006 im Wahlkampf mit einem Aussteig aus dem Eurofighter-Deal geworben hatte, bestellte Darabos drei der 18 Kampfjets wieder ab. Zudem sollten die Jets nicht aus der modernen Tranche 2 stammen, sondern aus der ersten Baureihe. Darabos verkündete eine Einsparung von 370 Millionen Euro, der Rechnungshof bezifferte die Einsparung später jedoch als deutlich geringer. Pilz kritisierte Anfang der Woche, dass eben dieser „Darabos-Vergleich“ die Republik mehr als 300 Millionen Euro gekostet habe. Das Beweisthema I soll bis Juli abgeschlossen werden, ein zweiter Bereich zu „unzulässigen Zahlungsflüssen“ beim Jet-Kauf soll ebenfalls untersucht werden.
4) Warum warten alle gespannt auf die Aussage von Darabos? Der Ex-Minister muss sich morgen vier Stunden lang den Fragen stellen. So viel Zeit ist maximal für die Befragung eines Zeugen vorgesehen. Er wird gefragt werden, wie und warum er den Vergleich ausverhandelt hat. Einige Mitglieder des Ausschusses vermuten nämlich, dass Darabos dazu gedrängt worden sei, nicht besten Wissens und Gewissens für das Land gehandelt zu haben. Es wird außerdem um fehlende Vertragsdetails gehen und um eine mögliche Einflussnahme von außen.
5) Könnte der ehemalige Verteidigungsminister strafrechtlich belangt werden? Das kommt auf den Ausgang des Ausschusses an. Sollte dort nachgewiesen werden können, dass Darabos damals falsch gehandelt hat, könnte dem heutigen burgenländischen Landesrat eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs drohen. Oder noch schlimmer: eine Anzeige wegen Beitäterschaft zu Betrug. Die Mitglieder des U-Ausschusses müssen sich hier jedenfalls beeilen. Denn der Vertag, der Ende Juni 2007 unterschrieben wurde, würde sonst bald verjähren. Christina Traar