Die ÖVP kommt seit Monaten nicht aus dem Image-Tief. Und in der Tendenz wird es noch schlechter, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. „Geht es dem Land gut, geht es der ÖVP gut. Geht es dem Land schlecht, geht es der ÖVP schlecht“, sagte Generalsekretär Nico Marchetti bei einem Pressetermin am Montag, bei dem er die Errungenschaften der ÖVP in neun Monaten Regierungsarbeit pries. Er kündigte für Ende Jänner eine groß inszenierte „Kanzlerrede“ von Parteichef Christian Stocker an, wie sie auch Vorgänger Karl Nehammer zweimal gehalten hatte. Die Kritik an einem diskriminierenden Werbe-Posting wies er zurück.
Laut der am Montag veröffentlichten Umfrage, die vom „Standard“ in Auftrag gegeben wurde, fällt die ÖVP unter 20 Prozent zurück, Parteichef Christian Stocker wird in der fiktiven Kanzlerfrage nur mehr mit 10 Prozent ausgewiesen – auf einem Niveau mit den Regierungskollegen Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos). Die FPÖ sowie Kickl persönlich liegen bei 35 Prozent und darüber. Würde die FPÖ regieren, so Marchetti, „wären deren Umfragen auch andere“.
PR in der Kritik
Der Generalsekretär zog im Schnelldurchlauf Bilanz, speziell in Fragen der Zuwanderung sieht er eine „Handschrift der Volkspartei“. Man habe aber auch die Lohn-Preis-Spirale durchbrochen, es gebe einen „zarten Aufschwung“ der Wirtschaft, formulierte es Marchetti. Zudem seien auch Reformen auf den Weg gebracht worden. Mehrmals bemühte der Parteimanager die sogenannte „Stocker-Formel“, als Meilensteine führte er weitere von der ÖVP mit PR-Begriffen versehene Maßnahmen wie den „Abschaffungs-Ministerrat“ zur Entbürokratisierung und das „Billig-Strom-Gesetz“ zur Strommarktreform an.
Ihre parteipolitische PR hatte der ÖVP allerdings am Wochenende auch viel Kritik eingebracht – und zwar auch von den Regierungspartnern SPÖ und Neos, weil die Volkspartei Ergebnisse aus dem Integrationsbarometer in ein diskriminierendes Werbesujet auf Social Media gegossen hatte. („Wusstest Du, dass zwei Drittel das Zusammenleben mit Muslimen als schwierig empfinden?“). Marchetti fand die Reaktionen „verwunderlich“ und verwies auf die wissenschaftlich fundierten Befragungen des Barometers. Bei ihm im zehnten Wiener Gemeindebezirk, in dem sehr viele Migranten wohnen, seien es wohl nicht zwei, sondern drei von drei, die das Zusammenleben als schwierig erachten.
Auf Nachfrage, dass die Umfrage selbst nicht infrage gestellt – die Kleine Zeitung berichtete ausführlich über sie – sondern die negative Adressierung einer Minderheit in dem Posting kritisiert worden war, ging Marchetti nicht wirklich ein. Er stellte das Sujet vielmehr als Debattenbeitrag dar. „Was uns unterscheidet: Wir argumentieren an der Seite der Wissenschaft“.
Bei Thema Zuwanderung „ist uns wirklich was gelungen“
Bei seiner Bilanz strich der Generalsekretär besonders die Maßnahmen im Bereich Zuwanderung und Integration hervor. „Da ist uns wirklich etwas gelungen“, sagte Marchetti, der als ersten Punkt den Stopp des Familiennachzugs erwähnte. Dieser war erst in der Vorwoche um weitere sechs Monate verlängert worden, indem der Hauptausschuss des Nationalrats mehrheitlich weiterhin eine Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erklärte.
Das Ziel für die ÖVP sei, „unser christlich geprägtes Land“ zu bewahren, führte Marchetti weiter aus. Er nannte das Kreuz im Klassenzimmer und die Nikolaus-Besuche und Weihnachtsfeiern in der Schule. „Das ist wichtig für unsere Gesellschaft“. Auch das Kinderkopftuchverbot erwähnte er in diesem Zusammenhang: „In der Schule hat Extremismus keinen Platz.“
Das Jahr der Reformen
Das kommende Jahr soll das Jahr der Reformen werden. „Wir wollen als ÖVP große Würfe“, sagte Marchetti in Richtung der Gesundheitsreform. Im März, wenn die Steuerungsgruppe dieses Bereichs erneut zusammenkommt, werde der „nächste Messpunkt sein“. Gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden soll es aber auch in den Feldern Verwaltung, Energie, und Bildung zu Umbauten kommen. „Unser Land steht vor der Situation, dass die gemäßigten Kräfte für Reformen sorgen müssen, sonst sorgen die Extremen für andere Reformen. Wir haben diese besondere Verantwortung.
Eine Bilanz zog auch die SPÖ, allerdings nur via Aussendung. „Wir sanieren das Budget sozial gerecht, bekämpfen wirksam die Teuerung und investieren in Beschäftigung, Gesundheit und Bildung“, so Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim. „Die SPÖ in der Regierung macht den Unterschied: Wir sind der Motor für rot-weiß-rote Reformen zum Wohl der Menschen.“
Als Beispiele führte der Parteimanager die Mietpreisbremse für unregulierte Mieten, den Arzneimittelkostendeckel, die Schwerstarbeitspension für Pflegekräfte sowie die Beschäftigungsaktion 55Plus. Wie von der ÖVP werden auch die Maßnahmen für günstigeren Strom erwähnt sowie der kürzlich eingerichtete „Gesundheitsreformfonds“, für den 500 Millionen Euro bis 2030 vorgesehen sind.