Die Zeit drängt. Bis 1. April hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) der Politik Zeit für eine ORF-Gremienreform gegeben. Nach dem Beschluss im Ministerrat sollen die Änderungen bei Stiftungs- und Publikumsrat am Donnerstag den Nationalrat passieren. Beschlossen werden soll auch ein Einfrieren des ORF-Beitrags, der damit pro Haushalt und Monat weiterhin 15,30 Euro betragen wird. Die Einnahmen des ORF sollen für weitere drei Jahre im Schnitt auf jährlich 710 Millionen Euro beschränkt werden.

2023 hatte der VfGH den übermäßigen Einfluss der Bundesregierung bei der Bestellung der ORF-Gremien für verfassungswidrig erklärt. Dem Erkenntnis will die Dreierkoalition jetzt gerecht werden – allerdings mit überschaubaren Änderungen. Statt neun soll die Regierung künftig sechs Mitglieder in den 35-köpfigen Stiftungsrat entsenden, der Publikumsrat dafür neun statt sechs. Die Posten müssen künftig öffentlich ausgeschrieben werden, für Stiftungsräte sollen neue Anforderungen, etwa Expertise in Medien- und Betriebswirtschaft, gelten. Die Möglichkeit, Stiftungsräte nach einem Regierungswechsel neu zu bestellen, soll wegfallen. Der Publikumsrat soll um zwei Posten auf 28 Mitglieder schrumpfen, die zur Hälfte von der Regierung beschickt werden.

Abgehakt ist das Kapitel ORF mit den erwarteten Beschlüssen nicht. Mit weniger Zeitdruck wollen die Regierungspartner an größerer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks feilen. Man plane dazu einen „breit angelegten Prozess“, heißt es aus dem Ministerium von Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ).

Schlanker, transparenter, bürgernäher

Schlanker, digitaler, transparenter, bürgernäher, regionaler und nachhaltiger“, soll der ORF laut dem schwarz-rot-pinken Regierungsprogramm werden. Auf die – nach dem VfGH-Erkenntnis notwendige – Gremienreform sollen also noch weitere Änderungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk folgen. Die Einbindung der Bevölkerung soll etwa durch „jährliche Publikumsbefragungen“ gestärkt, die Kooperation mit privaten Medienunternehmen „intensiviert“ werden, heißt es im entsprechenden Kapitel.

Den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF wollen die Regierungspartner „weiterentwickeln“, Objektivität, Sachlichkeit und Unparteilichkeit sollen sichergestellt werden. So sollen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF etwa Social Media Guidelines und klare Regeln zum Verbot von Nebenbeschäftigungen gelten. Abgeschafft werden soll das Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung der Leitung des jeweiligen ORF-Landesstudios.

Auch der „blauen Seite“, der Nachrichtenplattform orf.at, könnten weitere Änderungen bevorstehen. Seit 2024 gelten bereits Einschränkungen, jetzt nimmt sich die Bundesregierung eine „weitere Präzisierung“ im Gesetz vor, „im Sinne der Zeitungsähnlichkeit und Überblicksberichterstattung“.

Größere Gremienreform mit Fragezeichen

Unklar ist, ob auf die kleine Gremienreform eine größere folgen soll. Berichten zufolge hat Medienminister Andreas Babler (SPÖ) einer solchen eine Absage erteilt, das letzte Wort dürfte aber noch nicht gesprochen sein. Bis die geplante große ORF-Reform steht, werde es noch dauern, erklärt eine Sprecherin, konkrete Inhalte seien deshalb noch nicht fix. Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn kündigte am Mittwoch jedenfalls eine weitere Gremienreform an.