Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) will noch in dieser Legislaturperiode ein neues Berufsbild für pädagogisches Unterstützungspersonal unter Dach und Fach bringen. Zuletzt gab es massiven Widerstand der Freizeitpädagoginnen und -pädagogen, die unter anderem in das Modell überführt werden sollen. „Wir brauchen neben den Lehrkräften mehr Menschen mit verschiedenen Kompetenzen an Schulen“, so Polaschek zur APA. In anderen Ländern seien multifunktionale Teams schon Standard.

Derzeit sind Freizeitpädagogen an ganztägigen Schulen nur für die Gestaltung des Freizeitteils zuständig - künftig sollen sie auch Lernzeiten übernehmen bzw. im Unterricht mithelfen dürfen. Laut einem im Vorjahr erstellten ersten Entwurf sollen sie dafür als „Assistenzpädagogen“ anders als bisher Matura haben müssen, umgekehrt würde die Dauer ihrer Ausbildung auf ein Semester halbiert. Bisheriges Personal soll zwar die Matura nicht nachmachen müssen und grundsätzlich übernommen werden - sie würden allerdings in ein öffentliches Dienstverhältnis überführt. Derzeit sind sie vor allem bei Vereinen bzw. gemeindenahen Trägern angestellt.

Polaschek sieht „Klärungsbedarf“

„Das jetzige System - Unterricht in der ersten Tageshälfte mit Lehrern und dann der Bruch und am Nachmittag arbeiten Freizeitpädagogen mit den Kindern und Jugendlichen - sollte nicht der Standard sein“, meinte Polaschek. Auch am Vormittag sollten Personen mit anderen Kompetenzen an den Schulen tätig sein - unter anderem Stützkräfte mit unterschiedlichsten Qualifikationen. In der derzeitigen Form gehe das aber praktisch nicht. „Wenn wir wirklich eine verschränkte Ganztagsschule denken wollen, in der auch Menschen mit anderen Kompetenzen unterrichten, brauchen wir die pädagogische Unterstützung.“

Die genaue Qualifikation für das jeweilige Berufsbild - also ob etwa Matura nötig ist oder nicht - sei Gegenstand von Gesprächen. „Da gibt es noch Klärungsbedarf, momentan befinden wir uns unter anderem dazu in konstruktiven Gesprächen.“ Nicht nachvollziehbar ist für Polaschek aber der Protest gegen eine Überführung des Personals von Vereinen in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Letzteres bedeute eine ganz andere Job-Sicherheit. Außerdem würden die Personen so auch in die Schulgemeinschaft eingegliedert.

Keinen Änderungsbedarf bei Hürden für Ganztagsschulen

Der Ausbau von Ganztagsschulen steht für Polaschek außer Diskussion - keinen Änderungsbedarf sieht er allerdings bei den Hürden für die Umstellung auf die verschränkte Form mit einem ständigen Wechsel von Unterrichts-, Lern- und Freizeitteil. Derzeit ist dafür in den meisten Ländern eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Schulgemeinschaft nötig. „Wichtig ist, dass wir einmal vom Personal her mehr Angebote zur Verfügung stellen. Sinn macht eine verschränkte Ganztagsschule dort, wo sie von einer deutlichen Mehrheit der Eltern gewollt wird.“

Nach wie vor nicht in trockenen Tüchern ist die geplante Reform der Lehrerausbildung. Der Start in der neuen Struktur - drei Jahre Bachelor- und zwei Jahre Masterstudium - war für das Studienjahr 2024/25 angepeilt. Von den Grünen kam allerdings Widerspruch vor allem gegen den Plan, die Gesamtdauer der Ausbildung für die Sekundarstufe (v.a. Mittelschule, AHS, BMHS) damit von sechs auf fünf Jahre zu kürzen.

Offene Fragen

Bei diesem Thema seien noch viele Detailfragen offen, so Polaschek. „Es geht ja nicht nur darum, das Bachelorstudium zu verkürzen, sondern auch die Rahmenbedingungen gesetzlich zu verankern - etwa wie die Master-Studierenden in den Schulen eingesetzt werden.“ Ein Start im Herbst 2024 ist für die Sekundarstufe (AHS, BHS, Mittelschule) aufgrund der zahlreichen beteiligten Unis und Pädagogischen Hochschulen (PH) vom Tisch, für die Volksschule (hier sind nur PH zuständig, Anm.) noch nicht ganz.

Die Gefahr eines Rückgangs der Studienanfänger aufgrund der verzögerten Umstellung sieht der Minister nicht: Einerseits seien schon heuer trotz ähnlicher Diskussion die Anfängerzahlen im Lehramtsstudium um 17 Prozent bzw. rund 920 Personen gestiegen. Andererseits müssten die Interessenten bis zum Start des neuen Studiums sonst ein Jahr überbrücken, und es werde ohnehin Möglichkeiten zum Umstieg in die neue Ausbildung ohne Zeitverlust geben.

Durch die Zunahme der Anfängerzahlen beim Lehramtsstudium werde man mittelfristig mehr Personen ins Schulsystem bringen können, meinte Polaschek. Der derzeit große Lehrerbedarf durch Pensionierungen bzw. hohe Schülerzahlen werde noch drei bis vier Jahre andauern und sich dann entspannen. Man könne aber auch dank der rund 600 Quereinsteiger derzeit alle Stunden halten - auch wenn man zusätzlich wie auch andere Staaten auf Lehramtsstudierende zurückgreifen müsse. Die Zahl der für den Unterricht eingesetzten Studentinnen und Studenten nehme aber ständig ab.

„Vereinheitlichung der Normen“

Keine deutlicheren Vorgaben für die Länder hält Polaschek in der Frage des sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) für notwendig. Zuletzt kam eine Studie zum Ergebnis, dass es stark vom Bundesland abhängt, ob Schülern mit einer körperlichen oder psychischen Behinderung SPF attestiert wird. Vielmehr setzt er auf Gespräche mit den Ländern.

Eine Novelle wird es heuer zum Universitätsgesetz (UG) geben - abgesehen von den nötigen Änderungen beim Lehramtsstudium stehe aber keine grundlegende Reform an, sondern lediglich Anpassungen. „Wir brauchen etwa eine Vereinheitlichung der Normen, was den Umgang mit Plagiaten bzw. Guter wissenschaftlicher Praxis angeht“, so Polaschek. „Derzeit gibt es unterschiedliche Regelungen für Universitäten und Fachhochschulen.“ Keinen Änderungsbedarf sieht er dagegen bei den Vorgaben zur Rektorswahl, die zuletzt zu Konflikten an der Uni Salzburg führte. „Es hat sich gezeigt, dass in den allermeisten Fällen das System funktioniert.“ Anders gelagerte Einzelfälle würden auch durch eine Neuregelung nicht vermieden.

Minister sieht „Ergänzungsbedarf“

„Ergänzungsbedarf“ sieht der Minister noch beim Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz. Aufgrund der Erfahrungen in letzter Zeit überlege man etwa bei Privatunis eine klare Trennung von operativem Geschäft und entsprechender Aufsicht sowie Qualitätskriterien für die Angebote ausländischer Universitäten in Österreich, etwa bei Doktoratsstudien.

Noch in Verhandlung mit den Grünen ist eine Neuregelung der Psychotherapieausbildung. Diese soll künftig auch an öffentlichen Unis angeboten werden. Gleiches gelte für die im Regierungsprogramm verankerte Einführung einer „Mittleren Reife“ als eine Art Zwischenabschluss an den Schulen. „Da gibt es intensive Gespräche - aber ob die noch in dieser Legislaturperiode zu Ende kommen, weiß ich nicht“, so Polaschek. Es gehe auch weniger um die Mittlere Reife an sich, sondern um das Sicherstellen, dass Menschen das Schulsystem nur verlassen, wenn sie über entsprechende Kompetenzen in Deutsch, Mathematik und Englisch verfügen.