Das Gericht der Europäischen Union hat die österreichische Klage (T-101/18) gegen staatliche Beihilfen Ungarns für zwei neue Kernreaktoren des Atomkraftwerks Paks abgewiesen. Das gaben die Luxemburger Richter am Mittwoch bekannt. Österreich hatte u. a. geltend gemacht, dass ein Vergabeverfahren hätte durchgeführt werden müssen und dass die Beihilfen zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen führen. Gegen die Entscheidung sind noch Rechtsmittel möglich.

Beihilfen schon 2017 genehmigt

Die EU-Kommission hatte im März 2017 Ungarn die Beihilfen für die Erweiterung des etwa 180 Kilometer von Österreich entfernten AKW genehmigt. Derzeit sind vier Reaktoren, die in den 1980er-Jahren gebaut wurden, auf dem Paks-I-Gelände in Betrieb. Finanziert wird der Ausbau um die zwei Reaktoren mit einer Leistung von je 1200 Megawatt hauptsächlich durch einen Kredit in der Höhe von umgerechnet zehn Milliarden Euro von Russland an Ungarn. Das Bauvorhaben soll 2023 starten und 2030 fertiggestellt werden.

Österreich beanstandete vor dem EU-Gericht im Rahmen seiner Nichtigkeitsklage gegen die Genehmigung der EU-Kommission drei Punkte: Erstens die Direktvergabe des Auftrags für den Bau der neuen Kernreaktoren an das zum russischen Staatskonzern Rosatom gehörende Unternehmen JSC NIAEP, zweitens würden die Beihilfen zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen sowie drittens zu einer Verstärkung und Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung führen. Das Gericht der EU wies alle drei Punkte zurück.

Gegen die Entscheidung des EU-Gerichts kann Österreich innerhalb von zwei Monaten und zehn Tagen nach ihrer Zustellung Rechtsmittel einlegen. Aus Österreich kam umgehend Kritik. "Die Atomlobby innerhalb der Union hat eindeutig im Bereich der Energieversorgung das Oberwasser gewonnen. Man könnte fast meinen, dass die exorbitanten Energiekosten hausgemacht sind und nur dazu dienen, vermehrt in Atomkraftwerke zu investieren", erklärte der freiheitliche Umweltsprecher Walter Rauch in einer Aussendung. Er forderte die schwarz-grüne Regierung, gegen das Urteil "entschieden anzukämpfen".

Auch die Umweltorganisation Global 2000 meldete sich zu Wort. "Rosatom agiert in der Ukraine als nuklearer Freibeuter, der feindliche AKW besetzt und die Bedienmannschaft von den russischen Truppen mit vorgehaltener Maschinenpistole zum Arbeiten zwingen lässt", so Reinhard Uhrig, Anti-Atomsprecher, in einer Aussendung. "Dass der gleiche Staatskonzern Rosatom jetzt nächstes Jahr in Ungarn mit den Bauarbeiten für neue sündteure Reaktoren beginnen soll, ist völlig unverantwortlich."

Die EU-Kommission hatte 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen der Vergabe eines Milliardenauftrags zum Ausbau des Atomkraftwerks an den russischen Staatskonzern eingestellt. Österreich war zuvor bereits erfolglos gegen den Bau des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C vorgegangen. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte damals erklärt, es sei wahrscheinlich, dass sich das Urteil zu Paks II auch am Urteil zu Hinkley Point orientiere.

Einsam in seiner Ablehnung

Österreich steht mit seiner kategorischen Ablehnung der Atomkraft recht einsam da. Daher setzt die Regierung in erster Linie auf juristische Schritte. Im Oktober reichte die Österreich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen die Pläne der EU-Kommission, Atomenergie als nachhaltig einzustufen, ein.

Der österreichischen Klage hat sich bisher nur Luxemburg angeschlossen. Die Mehrheit der EU-Staaten unterstützt die sogenannte Taxonomie-Verordnung, durch die in Zukunft Finanzinvestitionen in Gas und Atom als klimafreundlich gelten. Das soll dabei helfen, die für die Klimawende benötigten Milliarden zu mobilisieren und den Weg der EU zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu ebnen.