Im Streit um das Brexit-Abkommen stellt die britische Premierministerin Theresa May am Montag (16.30 Uhr) ihren "Plan B" vor. Die Regierungschefin will dem Unterhaus neue Vorschläge unterbreiten, um den Austrittsvertrag mit der EU nach der deutlichen Abstimmungsniederlage am vergangenen Dienstag doch noch durchs Parlament zu bringen.

Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die im Brexit-Abkommen festgeschriebene Auffanglösung für die Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland. Einem Medienbericht zufolge plant May einen bilateralen Vertrag mit Irland, um die umstrittene Regelung zu umgehen. Der sogenannte Backstop sieht vor, dass das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wird. Die Brexit-Hardliner befürchten, dass Großbritannien damit auf unabsehbare Zeit an die EU gebunden bliebe.

Abgeordnete wollen Mays Pläne durchkreuzen

Abgeordnete im britischen Unterhaus wollen Premierministerin May im Brexit-Streit teilweise die Kontrolle entziehen. Zwei Gruppen von Parlamentariern wollen in den kommenden Tagen Änderungsanträge einbringen, um die Brexit-Pläne der Regierungschefin zu stoppen, wie britische Medien am Sonntag berichteten.

Die britische Presse sprach von "Verschwörungen" im Unterhaus gegen May. Laut "Sunday Times" will eine Gruppe von mehr als 20 Parlamentariern um den konservativen Abgeordneten Dominic Grieve erreichen, dass der Austrittsprozess nach Artikel 50 des EU-Vertrags vorübergehend gestoppt wird.

Eine andere parteiübergreifende Initiative will May dazu bringen, den auf Ende März festgelegten Brexit-Termin zu verschieben, falls bis Ende Februar keine Einigung im britischen Parlament erzielt wird. Dadurch solle Zeit für weitere Verhandlungen und die Vorbereitungen auf den EU-Austritt gewonnen werden, sagte die Tory-Abgeordnete Nicky Morgan dem Sender Sky News.

"Extrem beunruhigend"

Mays Büro reagierte besorgt auf die Berichte. "Jeder Versuch, der Regierung die Macht zu entziehen, die gesetzlichen Bedingungen für einen geordneten Austritt zu erfüllen", sei "extrem beunruhigend", sagte eine Regierungssprecherin in London. "Das britische Volk hat dafür gestimmt, die Europäische Union zu verlassen, und es ist äußerst wichtig, dass die gewählten Politiker dieses Verdikt respektieren", ergänzte die Regierungssprecherin.

Der britische Handelsminister Liam Fox warnte im "Sunday Telegraph" vor einem "politischen Tsunami", wenn die Abgeordneten nicht den Ausgang des Referendums von 2016 respektierten. Zudem kritisierte er die vor allem von der oppositionellen Labour Party geäußerte Forderung, May solle einen ungeregelten Brexit ohne Austrittsabkommen ausschließen. Es sei die "größtmögliche Dummheit", in einer Verhandlung den "stärksten Trumpf wegzugeben".

Briten müssen sagen, was sie wollen

Angesichts des Schlingerkurses der Briten in Richtung Brexit appelliert der deutsche Außenminister Heiko Maas an das Parlament in London, unverzüglich Klarheit zu schaffen. "Letztlich reicht es nicht, wenn man in London entscheidet, was man nicht will. Sondern die müssen jetzt entscheiden, was sie wollen", sagte der SPD-Politiker am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".

Das vom Unterhaus abgelehnte umfassende Abkommen mit Brüssel zum EU-Austritt sei schon ein Kompromiss gewesen, betonte Maas. Nachverhandlungen seien schwierig, denn unter den 27 verbleibenden EU-Staaten gebe es viele, die dazu nicht mehr bereit seien. Zu dem Szenario eines zweiten Referendums über den Brexit sagte Maas, er halte sich mit Ratschlägen an Großbritannien zurück. Doch wäre es allen nach wie vor "viel lieber", wenn das Land EU-Mitglied bliebe. "Aber ehrlich gesagt: Ich halte das nicht für die wahrscheinlichste Variante."

Zurückhaltend reagierte Maas auf Berichte, dass die britische Regierung den Abschluss eines eigenen Vertrags mit dem EU-Mitglied Irland erwägt, um harte Grenzkontrollen zur britischen Provinz Nordirland zu vermeiden. Wie das funktionieren soll, sei ihm nicht klar, sagte Maas. "Mir ist etwas schleierhaft, was die britische Regierung mit Dublin verhandeln will, oder was für ein Zusatzabkommen das sein soll."