Großbritannien ist dem Eindruck entgegengetreten, es arbeite aktiv daran, die Ukraine mit Kampfjets auszustatten. "Großbritannien wird der Ukraine keine Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen", sagte Verteidigungsminister Ben Wallace bei einem Besuch in Berlin am Mittwoch. Es gehe allenfalls darum, ukrainische Piloten auszubilden, damit diese künftig in der Lage seien, westliche Kampfjets fliegen zu können.

Lieferung von Marschflugkörpern

Es gehe dabei aber um eine langfristige Befähigung, sagte der konservative Politiker. Er warnte, die Lieferung von Kampfflugzeugen als "Zauberstab" zu betrachten, der eine Entscheidung herbeiführen könne. Kiew habe eine Präferenz für den US-amerikanischen Flugzeugtyp F-16 zum Ausdruck gebracht, so Wallace. Diese Flugzeuge seien nicht im Bestand der britischen Streitkräfte. Eurofighter, die man im Bestand habe, seien hingegen nicht geeignet.

Kurzfristig entscheidender sei es, die Ukraine mit vergleichbaren Fähigkeiten auszustatten, wie sie Kampfjets leisten könnten. Das habe man beispielsweise mit der Lieferung der Marschflugkörper Storm Shadow bereits getan, sagte Wallace. Er hob auch Deutschlands Beitrag zur Luftabwehr der Ukraine hervor.

Deutschland will keine "aktive Rolle spielen"

Auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius bekräftigte nach dem Treffen mit Wallace, dass die Bundeswehr keine Kampfjets an die Ukraine abtreten werde. Deutschland könne hier "keine aktive Rolle spielen", sagte Pistorius bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. "Das sind alles keine Fragen, die in Berlin entschieden werden." Die Bundeswehr habe hier weder die Kapazitäten noch die Kompetenzen. Deutschland sei indes Experte bei Panzern und Luftverteidigung und werde sich darüber hinaus darauf konzentrieren, Munition zu liefern. Zudem sehe sich Deutschland in der Pflicht, bei der Instandsetzung etwa von Panzern zu helfen.

Pistorius verwies ferner darauf, dass die Entscheidung letztlich in den USA liege. "Am Ende hängt es, soweit ich weiß, ohnehin am Weißen Haus - nämlich zu entscheiden: Dürfen die F-16-Kampfflugzeuge überhaupt geliefert werden? Kann ausgebildet werden an diesen Flugzeugen? Das sind alles keine Fragen, die in Berlin entschieden werden."

"Wir haben uns darauf konzentriert und konzentrieren uns auf das, was wir tun. Das ist sehr relevant jetzt für die Fähigkeiten der Ukraine, sich selbst zu verteidigen", sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch in Reykjavik am Rande des Gipfels des Europarates. Er nannte Panzerlieferungen, die Instandhaltung der Waffensysteme, Munition und die Stärkung der Luftverteidigung gegen russische Angriffe. In diesen Bereichen habe Deutschland auch bereits weitere Zusagen gemacht. Scholz antwortete auf die Frage, ob Deutschland sich an der von den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich angekündigten gemeinsamen Allianz zur Ausbildung von Kampfjetpiloten und zur Lieferung von Kampfjets beteiligen werde.

Die "Kampfjet-Koalition"

Ein britischer Regierungssprecher hatte laut Nachrichtenagentur PA am Dienstagabend verkündet: "Der Premierminister (Rishi Sunak) und der niederländische Ministerpräsident (Mark) Rutte vereinbarten, eine internationale Koalition zu bilden, um die Ukraine mit Luftkampfressourcen auszustatten, von der Ausbildung bis zur Beschaffung von F16-Jets." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Bemühungen der beiden Länder.

"Gestern haben wir in Großbritannien mit Rishi (Sunak), dem Premierminister, vereinbart, dass wir an einer Koalition von Kampfjets arbeiten - Ausbildung, Flugzeuge, Ergebnisse", berichtete Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videoansprache von den Ergebnissen seiner Europareise.

Selenskyj und die ukrainische Führung sind seit Monaten bemüht, von westlichen Verbündeten moderne Kampfflugzeuge für ihren Kampf gegen die russischen Invasoren zu erhalten. Dabei soll es nach ihren Vorstellungen um US-Jets vom Typ F-16 gehen. Bisher haben sich alle Partner der Ukraine, allen voran die USA, in dieser Frage weitestgehend zurückgehalten.

Bei Selenskyjs Besuch in Großbritannien hatte Sunak angekündigt, London wolle ukrainische Piloten "recht bald" an westlichen Jets ausbilden. Der Premier kündigte den Aufbau einer Flugschule für ukrainische Piloten an. Damit könnten sie an verschiedenen Flugzeugtypen ausgebildet werden, sagte Sunak.