Die Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat am Donnerstag in Wien begonnen. Die Anwesenheit russischer Abgeordneter sorgt für viel Kritik. Die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung, Margareta Cederfelt, verteidigte gegenüber Journalisten die Einladung. Die Russen "verdienen es, hier zu sein" und die vereinte Ablehnung des russischen Angriffskriegs zu hören, sagte Cederfelt.

Viele wollen nicht im gleichen Raum mit Russen sein

Die Ukraine verteidige nicht nur sich selbst, sondern auch "die Prinzipien und die Vereinbarungen, auf denen unsere Sicherheit beruht", erklärte Cederfelt. Die schwedische Konservative betonte, "Sympathien" für Kolleginnen und Kollegen zu haben, die nicht gemeinsam mit russischen Parlamentariern in einem Sitzungssaal sein wollten. Es gebe Diskussionen über einen vorübergehenden Ausschluss Russlands aus der Parlamentarischen Versammlung (PV), bestätigte die PV-Präsidentin. Allerdings hätten 18 Staaten Bedenken geäußert, ein Komitee beschäftige sich mit der Frage.

In seinen Eröffnungsworten der Wintertagung hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) gesagt: "Wir stehen in ungeteilter Solidarität an der Seite der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Volkes!" Gleichzeitig sei es die "Pflicht" der Mitglieder der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung, "die Tür der Diplomatie nicht zuzuschlagen", betonte Sobotka. Auch der amtierende OSZE-Vorsitzende, der nordmazedonische Außenminister Bujar Osmani, verurteilte "den unprovozierten Angriff" Russlands auf die Ukraine in einer Videobotschaft. Ein slowakischer Abgeordneter verlas die Rede der ukrainischen Delegation, die die Tagung boykottierte. Die Anwesenheit der russischen Parlamentarier sei "eine Beleidigung für die Opfer ihrer Gräueltaten", hieß es. Die diesjährige Wintertagung findet am Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine statt.

In der Sitzung selbst ging es mitunter heiß her, insbesondere in russischer Sprache, die in der Online-Übertragung nicht übersetzt wurde. Nachdem ein lettischer Delegierter einen ukrainischen Soldaten zitiert hatte, der im Februar 2022 in äußert derbem Russisch den Raketenkreuzer "Moskwa" zum Verschwinden aufgefordert hatte, reagierte Tolstoj mit drohender Intonation: "Wir werden keine direkten Beleidigungen von Russland und des russischen Präsidenten zulassen und Feinden Russlands keine Möglichkeit geben, das in so einem Stil in dieser Versammlung zu äußern."

Vor dem Veranstaltungsort am Heldenplatz demonstrierten etwa 15 Vertreter der ukrainischen Diaspora. "Russische Verbrecher, die diesen Krieg propagieren, wurden zum Verhandlungstisch eingeladen", kritisierte Aktivistin Anna Pattermann gegenüber der APA. Zur Diaspora gesellten sich zudem Angehörige der ukrainischen Parlamentarierdelegation, die trotz Boykotts nach Wien gereist war und zahlreiche bilaterale Treffen absolvierte. Die Oppositionsabgeordnete Iryna Heraschtschenko sprach mit einem ukrainischen Fernsehsender. "Zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine findet eine Tagung statt, zu der Vertreter Russlands und von Belarus eingeladen wurden: Alle diese Sluzkis und Tolstojs, die für die Annexion der Krim gestimmt haben", prangerte die Ukrainerin an.

Etwas abseits machte zudem eine kleine Gruppe sozialdemokratischer Aktivistinnen und Aktivisten auf sich aufmerksam. Bewusst zum Auftakt der OSZE-Parlamentarierversammlung wolle man auch die Bundesregierung dazu auffordern, eine aktive Neutralitätspolitik zu betreiben, sagte die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Katharina Kucharowits der APA.

Kritik an Österreich wegen der Teilnahme der Russen kam zuvor auch aus den USA. Zwei US-Kongressabgeordnete – der Demokrat Steve Cohen und der Republikaner Joe Wilson – kritisierten gegenüber dem US-Auslandssender Radio Free Europe/Radio Liberty die Visavergabe an die russische Delegation durch Österreich. 81 Abgeordnete aus 20 Ländern hatten bereits Anfang Februar Österreich aufgefordert, die Teilnahme der russischen Delegation an der OSZE-Tagung in Wien zu verhindern.

Bei letzter Tagung keine Russen

Die Tagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in Wien dauert bis Freitag. Bei vorangegangenen OSZE-Treffen hatten die Gastgeber Großbritannien und Polen keine Russen einreisen lassen. Österreichs Außenministerium vertritt den Standpunkt, dass man als Land, in dem die OSZE ihren Hauptsitz hat, zur Erteilung der Visa verpflichtet sei. Auch die OSZE bestätigte das. "Die ausgestellten Visa erlauben lediglich die Teilnahme an der OSZE-Versammlung. Bei Missbrauch wird das Visum aufgehoben", erklärte ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber der APA. Der Besuch anderer Veranstaltungen, wie etwa des freiheitlichen Akademikerballs am Freitag, wäre demnach nicht erlaubt.

Für Kritik sorgte außerdem, dass die OSZE keine Journalisten zur Veranstaltung in die Hofburg lässt. "Diese Entscheidung wurde aus logistischen und sicherheitstechnischen Gründen getroffen", erklärte die PV auf Anfrage. Das Treffen wird auf Youtube und Facebook übertragen. Cederfelt verteidigte die Entscheidung. Es habe großes Medieninteresse an der PV gegeben, sagte sie. "Das Treffen ist räumlich sehr begrenzt. Wir wollten nicht, dass der Raum noch überfüllter ist, als er jetzt schon ist."

Journalistenvereinigungen kritisierten den Ausschluss der Medien. Die Vereinigung der Europajournalistinnen und -journalisten (AEJ) und der Verband der Auslandspresse in Wien warnten in einem Schreiben an die OSZE, die Entscheidung könne "die Freiheit der unabhängigen Berichterstattung stark beeinträchtigen".