Die angekündigten Abstimmungen in der Ukraine sind von zahlreichen westlichen Staaten - darunter auch Österreich - scharf verurteilt worden. "Wir werden dieses Gebiet niemals als etwas anderes als einen Teil der Ukraine anerkennen. Wir weisen das Vorgehen Russlands eindeutig zurück", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, in Washington am Dienstag. EU-Außenbeauftragte Josep Borrell drohte Moskau mit weiteren Sanktionsmaßnahmen.

Affront gegen Grundsätze der Souveränität

Die Referenden seien ein Affront gegen die Grundsätze der Souveränität und der territorialen Integrität, auf denen das internationale System beruhe, hieß es aus dem Weißen Haus. "Wir wissen, dass diese Referenden manipuliert werden. Wir wissen, dass Russland diese Scheinreferenden als Grundlage für die angebliche Annexion dieser Gebiete entweder jetzt oder in Zukunft nutzen wird. Ich möchte klarstellen, dass die Vereinigten Staaten, sollte dies tatsächlich geschehen - und natürlich ist es noch nicht beschlossene Sache -, Russlands Ansprüche auf angeblich annektierte Teile der Ukraine niemals anerkennen werden."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierte die Abstimmungen als klaren Verstoß gegen die UNO-Charta. "Wir werden niemals den Versuch Russlands anerkennen, seine illegale und brutale Besetzung ukrainischer Gebiete zu legitimieren", sagte sie am Rande der UNO-Generalversammlung in New York. "Die Absicht, die Grenzen der Ukraine zu verschieben, ist völlig inakzeptabel und ein klarer Verstoß gegen die UNO-Charta und die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine", so von der Leyen weiter.

"Restriktive Maßnahmen" erwogen

Russland und alle, die an den Abstimmungen sowie anderen Verstößen gegen das Völkerrecht beteiligt seien, müssten zur Rechenschaft gezogen werden, fordert der EU-Außenbeauftragte Borrell. Es würden auch zusätzliche "restriktive Maßnahmen" erwogen.

Auch von der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach den Referenden die Legitimität ab. Stoltenberg bezeichnete die Abstimmungen in den besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine als eine "weitere Eskalation von Putins Krieg" gegen die Ukraine. "Scheinreferenden haben keine Legitimität und ändern nichts an der Natur von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine", so der Norweger auf Twitter. Zugleich forderte Stoltenberg die internationale Gemeinschaft dazu auf, "diesen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht" zu verurteilen und die Unterstützung für die Ukraine zu verstärken.

"Keinerlei Legitimität"

Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erteilte den angekündigten Abstimmungen in der Ukraine eine klare Absage. "Derartige Abstimmungen haben keinerlei Legitimität", erklärte Schallenberg am Rande der Vollversammlung auf Anfrage der APA. "Die Ergebnisse werden von uns selbstverständlich nicht anerkannt, ebenso wenig wie von unseren europäischen Partnern." Derartige Versuche der Russifizierung seien "ein weiterer, schwerwiegender Angriff auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine und aufs Schärfste zu verurteilen".

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte die Referenden für völkerrechtswidrig. Es sei "ganz, ganz klar, dass diese Scheinreferenden nicht akzeptiert werden können, dass sie nicht gedeckt sind vom Völkerrecht und von den Verständigungen, die die Weltgemeinschaft gefunden hat", sagte Scholz am Dienstag am Rande der UNO-Generalversammlung in New York.

"Referendum zynische Provokation"

Auch der französischen Präsidenten Emmanuel Macron bezeichnete die Idee eines solchen Referendums im Donbass als "zynisch" und eine "Provokation". Die russischen Truppen müssten aus der Ukraine abziehen, fordert Macron und kündigt an, er werde in den nächsten Tagen erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprechen.

"Die Vereinten Nationen bekräftigen in all ihren Aktionen kontinuierlich die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine", sagte UNO-Sprecher Farhan Haq der dpa am Dienstag. Zu diesen Prinzipien stünden die Vereinten Nationen weiterhin.

Spielbuch der Besatzer

Die von den russischen Militärverwaltungen angekündigten Abstimmungen seien "das Spielbuch der Besatzer in Aktion", schrieb die estnische Ministerpräsidentin. Die von Russland angegriffene Ukraine habe jedes Recht, ihr Territorium zurückzunehmen. "Donbass, Krim, Cherson = alles Ukraine", schrieb Kallas am Dienstag.

Auch Außenminister Urmas Reinsalu bezeichnete auf Twitter die geplanten Abstimmungen als "Fake". Die EU müsse vor ihnen die "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine als terroristische Organisationen einstufen, schrieb er. Wie auch Kallas forderte Reinsalu zudem mehr Sanktionen gegen Russland.

Die OSZE verurteilte die Pläne. Diese "Referenden" in besetzten Gebieten würden dem Kriegsvölkerrecht zuwiderlaufen und wären illegal. "Die Resultate hätten deshalb keine rechtliche Wirkung", betonten der OSZE-Vorsitzende und polnische Außenminister Zbigniew Rau, die OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid und andere führende Vertreter der Organisation in einer gemeinsamen Stellungnahme.