Der inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny stellt sich in seinem international kritisierten Prozess auf eine langjährige Haftstrafe ein. Der 47-Jährige ließ am Donnerstag über sein Team ausrichten: "Es wird eine riesige Haftstrafe werden. Das, was man als 'stalinistische Strafe' bezeichnet". Er spielte damit auf die Schreckensherrschaft von Sowjetdiktator Josef Stalin (1879-1953) an, der Millionen Menschen im eigenen Land zum Opfer fielen.

Nawalny rechnet mit Straflager

Er rechne damit, dass das Gericht, vor dem ihm wegen angeblichem Extremismus 20 Jahre Straflager drohen, in seinem Urteil am Freitag auf rund 18 Jahre festlegen werde, fügte Nawalny hinzu. Seine Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass damit die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sei - also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits 2020 verurteilt wurde, mit eingerechnet seien.

Mit Blick auf das bevorstehende neue Urteil schrieb der Kremlgegner außerdem: "Die Hauptabsicht besteht darin, einzuschüchtern. Euch, nicht mich." Er bat um Solidarität mit den politischen Gefangenen in Russland, das seit mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und in diesem Zeitraum auch im eigenen Land Repressionen gegen Kritiker massiv verstärkt hat. Nawalny rief seine Landsleute darüber hinaus zum Widerstand gegen den Machtapparat von Präsident Wladimir Putin auf.

Prozess findet nicht vor Gericht statt

Nawalnys Unterstützer kritisieren immer wieder, dass der Prozess nicht in einem Gerichtssaal abgehalten wird, sondern in der rund 260 Kilometer von Moskau entfernten Strafkolonie Melechowo. Zudem weisen Menschenrechtler darauf hin, dass der Kremlgegner, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte, im Lager durch unmenschliche Haftbedingen und Dauerisolation gefoltert werde. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Putin vor, hinter dem Mordanschlag von vor drei Jahren zu stecken.