Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert eine weltweite Reaktionen auf ein Video der mutmaßlichen Enthauptung eines ukrainischen Kriegsgefangenen. "Das ist ein Video von Russland, wie es ist", unterstrich der Staatschef in einer Videobotschaft am Mittwoch. Niemand würde es verstehen, wenn die Staatsführer nicht auf das Video reagierten. "Es muss jetzt gehandelt werden!" Der Kreml erklärte, das Video sei "schrecklich" und müsse auf seine Echtheit überprüft werden.

Es handle sich weder um einen Unfall, noch um einen Einzelfall. Der Terror müsse verlieren, so Selenskyj. Die Welt müsse sehen, "wie leichtfertig diese Bestien töten". Zugleich erneuerte er seine Forderung nach einer Strafverfolgung der Verantwortlichen für Kriegsverbrechen in der Ukraine. Er verlangte "Gefängnisstrafen für die Mörder, ein Tribunal für den Verbrecherstaat".

Kreml zweifelt Echtheit der Aufnahmen an

Der Kreml zweifelte die Echtheit des Videos an. "Wir leben zunächst einmal in einer Welt der Fakes und müssen daher die Echtheit der Aufnahmen prüfen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Das seien zwar "entsetzliche Bilder", räumte Peskow ein. Doch zunächst müsse festgestellt werden, ob die Enthauptung tatsächlich stattgefunden habe. Anschließend sei zu prüfen, von welcher Seite das Verbrechen begangen worden sei, sagte er.

In der Nacht auf Mittwoch war in sozialen Netzwerken ein Video aufgetaucht, in dem mutmaßlich ein noch lebender ukrainischer Kriegsgefangener durch einen russischen Soldaten enthauptet wird. Aufgrund der grünen Blätter an den Bäumen im Hintergrund des Videos ist davon auszugehen, dass es bereits im vorigen Jahr aufgenommen wurde. Ein weiteres Video war bereits am 8. April 2023 von einem pro-russischen Social-Media-Kanal veröffentlicht worden.

Der ukrainische Geheimdienst hat jedenfalls Ermittlungen aufgenommen. "Wir finden diese Unmenschen. Wenn es notwendig ist, werden wir sie überall finden, wo sie auch sind: unter der Erde oder aus dem Jenseits", versprach der SBU-Chef Wassyl Maljuk.

"Schlimmer als der IS"

Kiews Außenminister Dmytro Kuleba nannte Russland angesichts des Enthauptungsvideos "schlimmer" als die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Es sei absurd, dass Russland, das schlimmer als der IS ist, den Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat innehat, während russische Truppen Gräueltaten an ukrainischen Kriegsgefangenen begehen. "Russische Terroristen müssen aus der Ukraine und der UNO geworfen und für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden", betonte Kuleba.

Einer Beraterin aus dem Umfeld des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge zeigt das Video "das ganze Wesen des terroristischen Staates Russland". Nach ihren Worten handelt es sich auch um eine psychologische Operation Russlands, die der Einschüchterung diene.

"Das Zielpublikum ist nicht nur die Ukraine, sondern auch die westlichen Gesellschaften", sagte Daria Sariwna, Beraterin des Leiters des Büros des ukrainischen Präsidenten auf Telegram. Dennoch funktionieren solche Methoden bei den Ukrainern nicht. "Davor haben die Russen Angst, aber nicht wir", betonte Sariwna laut Nachrichtenagentur Ukrinform.

Videos kursieren im Internet

Das erste Video vom 8. April wurde von russischen Söldnern der Wagner-Gruppe gefilmt und zeigt die enthaupteten Leichen von zwei ukrainischen Soldaten, die neben einem zerstörten Militärfahrzeug auf dem Boden liegen. Russische Quellen behaupten, dass dieses Video aus der Nähe von Bachmut stammt.

Das zweite Video wurde nun auf Twitter gepostet und ist stark verwackelt. Es scheint im Sommer gedreht worden zu sein, da der Boden mit Pflanzen bewachsen ist. Das Video zeigt einen russischen Kämpfer, der einem ukrainischen Soldaten mit einem Messer den Kopf abschlägt.

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, man habe keine weitere Information über die Echtheit der Videos. "Wenn es sich bestätigt, wäre das nur eine weitere brutale Erinnerung an die inhumane Natur der russischen Aggression. Die Tötung von Kriegsgefangenen ist ein sehr schwerwiegender Bruch der Genfer Konvention und zeigt erneut Russlands Missachtung von Völkerrecht und insbesondere von internationalem humanitärem Recht." Russland müsse sicherstellen, dass Kriegsgefangene in Einklang mit der Genfer Konvention unter allen Umständen human behandelt und ihre Leben nicht gefährdet würden. Die EU bekräftige, dass alle Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssten.