Auch Kriegsberichterstatter Christian Wehrschütz sah nach Rücksprache mit Bundesheer und Botschaft zunächst keine andere Wahl mehr – und verließ Kiew: Zu unsicher die Lage, zu unmittelbar scheint die Attacke des monströsen russischen Militärkonvois, der vor der ukrainischen Hauptstadt lauert.

"Wann ein Angriff stattfinden wird, ist nicht abzusehen. Es gibt noch immer Österreicher in der Ukraine, im Raum Kiew, die jetzt festsitzen und nicht wegkommen. Angriffe gibt es derzeit nur in den Außenbezirken zu sehen, es gab noch immer keine größeren Detonationen in der Stadt selbst. Die Straßen sind weitgehend leer, es gibt kaum noch Geschäfte, die geöffnet haben", so Wehrschütz.

Später kehrte der 60-Jährige dann doch zurück: "Es war die schwerste Entscheidung meines journalistischen Lebens, aber ich habe sie mit meinem Team und meiner Familie getroffen. Mein Team hat gesagt: 'Wir wollen bleiben.' Und meine Frau hat das akzeptiert. Wir sind am Weg zurück nach Kiew", wird er zitiert. Er bleibe – solange es Internet und Telefon gäbe und seine Familie ihn sehen und hören könne: "Wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen."

Mehr als 600.000 Menschen sind bereits aus der Ukraine geflüchtet, und auch die 3-Millionen-Einwohner-Stadt wird zusehends zur Geisterstadt. Die Einschläge werden unterdessen immer zahlreicher:

Wie es wirklich ist, die Stellung in Kiew zu halten – und seine Wohnung vielleicht für immer verlassen zu müssen, eine bewegende Reportage der Journalistin Nataliya Gumenyuk zeigt es:

Olexander Scherba war von 2014 bis 2021 der ukrainische Botschafter in Österreich: Er berichtet von der bedrückenden Stimmung in der Kampfzone Kiew, betont aber auch den Willen zum Überleben und die Einstellung der ukrainischen Bürger, dass man es überstehen werde. Bereits zuvor hatte er in einem Interview betont: "Wir sind entschlossen. Wir werden bis zum Ende kämpfen."

Besonders massiv getroffen wurde und wird auch die Millionenstadt Charkiw, wie aktuelle Berichte und Tweets zeigen: Das Außenministerium veröffentlichte bei Twitter ein Video, das einen verheerenden Raketeneinschlag auf dem zentralen Freiheitsplatz zeigt. Auch ein regionales Regierungsgebäude wurde schwer getroffen.

ITV-Nachrichtenkorrespondent Dan Rivers zeigt, wie es dort nach dem Einschlag ausschaut:

In Charkiw müssen Krankenhäuser ihre Geburtenstationen bzw. Abteilungen für Neugeborene nun notdürftig in den Keller verlegen:

Die freie Journalistin Olga Tokariuk bringt die Situation gut auf den Punkt, wenn sie schreibt: "Russland hält im Grunde die ganze Welt als Geisel und droht mit der Nutzung der Atomkraft, während es Raketen auf unschuldige Zivilisten in der Ukraine abfeuert. Wie sind wir darauf gekommen? Wie konnte das überhaupt passieren? Es ist ein totaler Zusammenbruch der auf Regeln basierenden internationalen Ordnung."

Die ukrainische Journalistin und Aktivistin Daria Kaleniuk konfrontiert unterdessen den britischen Premierminister Boris Johnson mit der grausamen Wahrheit von sterbenden ukrainischen Kindern in ihrer von der russischen Armee überfallenen Heimat: "Sie sprechen von Sanktionen, Herr Premierminister. Warum wird Roman Abramovich nicht sanktioniert? Seine Kinder sind in London. Putins Kinder sind in den Niederlanden, nicht im Luftschutzkeller!"

Es gibt aber auch rarer Hoffnungsschimmer, wie dieser Tweet von Yuriy Kulchytskyy zeigt. In Kiew wurden inmitten von Bombenhagel und Raketenbeschuss in Kellerräumen Zwillinge geboren: Wenn neues Leben entstehe, lebe auch die Ukraine weiter – so die Botschaft an die Welt:

Der russische Banker und Milliardär Oleg Tinkow in Richtung von Wladimir Putin, jenem Mann also, der den anhaltenden Krieg gegen das Volk der Ukraine zu verantworten hat:

Der russisch-israelische Oligarch Mikhail Fridman und sein Imperium stehen unter den Wirtschaftssanktionen des Westens. Trotzdem kritisiert er Putin massiv für sein Vorgehen, macht sich aber auch Sorgen um die Menschen, die für ihn arbeiten – und sieht wohl deshalb davon ab, direkt an den russischen Präsidenten heranzutreten: