Die EU-Staaten haben sich nach Informationen eines Offiziellen darauf geeinigt, Vermögenswerte von Russlands Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow einzufrieren. Darauf habe man sich bei der Umsetzung der Beschlüsse des EU-Sondergipfels am Donnerstagabend geeinigt. Zudem sagte ein EU-Beamter am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, dass man an weiteren Elementen einer dritten Runde von Sanktionen gegen Russland wegen der Invasion in der Ukraine arbeite.

Die EU will nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel weitere Sanktionen gegen Moskau verhängen. Ein "weiteres (Sanktions-)Paket wird dringend vorbereitet", erklärte Michel am Freitag im Online-Dienst Twitter. Am Donnerstagabend hatte die EU bereits ein zweites Sanktionspaket gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) berichtet bereits nach dem EU-Gipfel von weiteren geplanten Strafmaßnahmen. "Man geht davon aus, dass ein drittes Paket kommt, und es wird sich sehr zielgerichtet und intensiver an diejenigen richten, die im Kreml tatsächlich Macht und Einfluss haben", sagte Nehammer Freitagfrüh nach den Beratungen in Brüssel. Dabei sei ein weiteres Sanktionspaket besprochen worden.

"Man geht davon aus, dass ein drittes Paket kommt, und es wird sich sehr zielgerichtet und intensiver an diejenigen richten, die im Kreml tatsächlich Macht und Einfluss haben", sagte Nehammer Freitagfrüh nach den Beratungen in Brüssel. Dabei sei ein weiteres Sanktionspaket besprochen worden.

"Weitere Schritte sind möglich"

"Alle Optionen liegen auf dem Tisch", sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner am Freitag in Paris, wo die EU-Finanzminister, darunter Ressortchef Magnus Brunner (ÖVP), vor allem zur Ukraine-Krise tagen. Es gebe jetzt bereits eine vollständige Blockade russischer Banken. Der Geschäftsverkehr sei nahezu beendet, nur in Einzelfällen sei es noch möglich, etwa Rechnungen für Gaslieferungen zu begleichen oder Überweisungen deutscher Firmen an ihre Töchter in Russland zu tätigen. "Weitere Schritte sind möglich, müssen aber in ihren Auswirkungen bedacht werden."

In Deutschland könnte laut einem Bericht des "Spiegel" Vermögen von Russinnen und Russen im Volumen von 25 Milliarden Euro eingefroren werden. Darunter seien Firmenbeteiligungen, Wertpapiere und Bankguthaben, schrieb das Magazin am Freitag unter Berufung auf nicht näher bezeichnete offizielle Angaben. Verwiesen wird auf die Ankündigung der Bundesregierung, sie wolle wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine auch gegen russische Investoren vorgehen.

Allein 2019 tätigten russische Firmen und Privatleute dem Bericht zufolge Direktinvestitionen von 8,9 Milliarden Euro in Deutschland. Genannt wird vor allem der Energiekonzern Gazprom, der über eine Tochtergesellschaft in Berlin Anteile an deutschen Gasnetzbetreibern hält und bis Donnerstag als Sponsor mit Trikotwerbung beim Fußballklubs Schalke 04 in Erscheinung trat.

Teilweise wird gefordert, Russland nach dem Angriff auf die Ukraine aus dem internationalen Zahlungssystem Swift auszuschließen. Dies gilt als schärfste Finanzsanktion, die aber auch viele europäische Banken und Firmen treffen würde. Einige EU-Staaten, darunter Deutschland und Österreich, zeigten sich diesbezüglich zurückhaltend. "Hintergrund des Ganzen ist, dass die Aussetzung von Swift weniger die Russische Föderation treffen würde als die Europäische Union", sagte Nehammer. Denn erstens habe Russland ein eigenes Zahlungssystem und zweitens würde Russland sofort auf das chinesische Zahlungssystem umsteigen.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte, Putin werde einen Preis zu zahlen haben. "Wir wollen die russische Wirtschaft treffen." Swift sei dabei die letzte Option. "Aber das ist eine der Optionen, die noch auf dem Tisch ist." Ähnlich äußerte sich der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Den Ausschluss aus Swift könne man sich vornehmen, wenn Russland Kiew weiter bombardiere, sagt er im ZDF. Aber man müsse bei Sanktionen immer sehen, wer davon stärker betroffen werde – Russland oder der Westen. Die von der EU beschlossenen Sanktionen im Finanzbereich seien aber bereits sehr schmerzhaft für Russland.

Lettland, Estland und Litauen hatten sich vor dem Gipfel für noch weiter reichende Maßnahmen ausgesprochen. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie etwa den sofortigen Ausschluss Russlands aus Swift.

"Kriminelles Regime von Welt isolieren"

Lettlands Präsident Egils Levits sprach sich für schärfere Sanktionen aus. Die vereinbarten Sanktionen seien sehr stark und würden negative Auswirkungen auf die russische Wirtschaft und die militärischen Fähigkeiten haben, sagte er am Freitag im lettischen Fernsehen. Doch müsste Moskau seiner Ansicht nach wegen des Einmarschs in die Ukraine mit allen möglichen Sanktionen belegt werden. "Das Wichtigste ist, dieses kriminelle Regime von der Welt zu isolieren, ähnlich wie Nordkorea. Denn ein solches Regime bedroht nicht nur die Ukraine, sondern Europa und die ganze Welt", betonte Levits.

Rumänien verlangt ebenfalls weitere Sanktionen gegen Russland und deren Ausweitung auf Belarus (Weißrussland). Dies habe Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis beim EU-Gipfeltreffen am Donnerstagabend gefordert, wie der Staatschef am Freitag bei Facebook mitteilte. Moldau und Georgien seien Partnerstaaten des Westens, die unter Moskaus Druck stünden. Es sei daher wichtig, deren Widerstandskraft mit finanziellen Mitteln zu unterstützen, schrieb Iohannis weiter. Rumänien ist Nachbarland der Ukraine.

Einen Schritt weitergehen würde auch das ehemalige EU-Land Großbritannien. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sprach sich für einen Ausschluss Russlands von Swift aus. "Wir würden gerne noch weiter gehen, wir würden gerne das Swift-System nutzen", sagt er der BBC. Falls aber nicht alle Länder für einen Ausschluss seien, würde es schwierig werden.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben am Donnerstagabend bei einem Krisengipfel nach dem Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine einem umfangreichen Sanktionspaket gegen Russland zugestimmt. Die Strafmaßnahmen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visavergabe geben.

Wenig zufrieden mit dem Ergebnis des EU-Gipfels zeigte sich unterdessen Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen: "Russland finanziert seine Armee aus den Milliardeneinnahmen des Öl- und Gas-Geschäfts. Während in der Ukraine Hunderte Menschen jeden Tag sterben, sind wir, mit Blick auf die Energiepreise, nicht bereit, harte Sanktionen wie ein Ende von Öl- und Gasimporten zu verhängen."