Bei den Protesten in Kasachstan hat es nach Angaben von Präsident Kassym-Schomart Tokajew auch Tote gegeben. Zahlen nannte er am Mittwoch zunächst nicht. "Es gibt Tote und Verletzte. (...) Die Situation bedroht die Sicherheit aller Bürger von Almaty. Und das kann nicht toleriert werden", sagte Tokajew in einem Appell an seine Landsleute, der zuerst von russischen Medien verbreitet wurde. Im autoritär geführten Kasachstan war am Nachmittag das Internet abgeschaltet worden.

Tokajew kündigte zugleich ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte an. Das sei ein Verbrechen, auf das eine Strafe folgen werde, sagte das Staatsoberhaupt. Es werde "so hart wie möglich" vorgegangen. Er stellte zudem Reformen in Aussicht. "Ich werde bald mit neuen Vorschlägen zur politischen Transformation Kasachstans an die Öffentlichkeit treten." Details nannte er nicht.

Zugleich wies er Gerüchte zurück, das Land verlassen zu wollen. Er habe vielmehr den Vorsitz des Sicherheitsrates übernommen. "Es ist meine verfassungsmäßige Pflicht, beim Volk zu sein. Gemeinsam werden wir diesen schwarzen Streifen in der Geschichte Kasachstans überwinden."

Regierung ist zurückgetreten

Nach gewaltsamen Protesten in Kasachstan hat die Regierung geschlossen ihren Rücktritt eingereicht. Präsident Kassym-Schomart Tokajew akzeptierte das Gesuch, teilte sein Büro am Mittwoch mit. Tokajew ernannte Alikhan Smailow, den bisherigen ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten, zum amtierenden Regierungschef. Der Schritt der Regierung folgte auf gewaltsame Ausschreitungen wegen einer deutlichen Preiserhöhung bei Autogas am Dienstag.

Die Regierung hatte zuvor wegen der Proteste gegen steigende Gaspreise den Ausnahmezustand ausgerufen. Wie es am Mittwoch auf der Website des Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew hieß, wurden nächtliche Ausgangssperren in der Wirtschaftsmetropole Almaty im Südosten und der rohstoffreichen Region Mangystau im Westen des zentralasiatischen Landes verhängt. Zuvor war die Polizei mit Blendgranaten und Tränengas gegen Tausende Demonstranten in Almaty vorgegangen.

5000 Proteste

AFP-Journalisten zählten am Dienstag mindestens 5000 Teilnehmer bei den Protesten in Almaty. Demonstranten griffen Fahrzeuge an, darunter ein Feuerwehrauto. Mehrere Demonstranten und Polizisten wurden mit offenbar leichten Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert.

Nachrichten-Apps wie Telegram, Signal oder WhatsApp funktionierten nicht mehr. Zwei unabhängige Nachrichtenseiten im Internet waren blockiert.

Die Demonstrationen gegen hohe Gaspreise hatten am Wochenende in Schangaösen im Zentrum der westlichen Region Mangystau begonnen. Am Montagabend gab es auch Proteste in der Stadt Aktau am Kaspischen Meer. Am Dienstagabend kündigten die Behörden an, die Gaspreise in Mangystau deutlich zu senken. Tokajew begründete dieses Zugeständnis auf Twitter damit, dass es darum gehe, "die Stabilität im Land zu sichern".

In einem online gestellten Video forderte Tokajew ein Ende der Proteste. "Reagieren Sie nicht auf die Provokationen aus dem Ausland und aus dem Landesinneren", sagte er darin. "Reagieren Sie nicht auf die Aufrufe, offizielle Gebäude zu stürmen. Das ist ein Verbrechen, für das Sie bestraft werden", sagte der Staatschef. Außerdem kündigte er an, dass eine Regierungskommission ihre Arbeit aufgenommen habe, um eine für alle Seiten "akzeptable Lösung" zu finden.

Präsident Tokajew ist seit 2019 im Amt. Er ist der Nachfolger des langjährigen Staatschefs Nursultan Nasarbajew, der Kasachstan seit 1989 regiert hatte. Der 81-jährige Nasarbajew kontrolliert die Politik des Landes als "Führer der Nation" nach wie vor. Der Titel sichert ihm umfangreiche Privilegien und Immunität vor Strafverfolgung.