In Tschechien ist am heutigen Samstag die zweitägige Parlamentswahl abgeschlossen worden. Um 14.00 Uhr schlossen die Wahllokale, nachdem sie schon am Freitag von 14 bis 22 Uhr geöffnet gewesen waren. Sofort nach Wahlschluss wurde mit der Stimmenauszählung begonnen. Exit-Polls sind keine vorgesehen, Hochrechnungen werden am späten Nachmittag erwartet, aussagekräftige Ergebnisse am Abend.

Am ersten Wahltag meldeten die meisten Wahllokale eine Beteiligung von 20 bis 40 Prozent, meldete die Nachrichtenagentur CTK. Als Favorit der Wahl gilt die liberalpopulistische Partei ANO von Regierungschef Andrej Babis, obwohl der Premier in den vergangenen Tagen durch Enthüllungen der sogenannten "Pandora Papers" unter Druck geraten ist.

Die meisten Spitzenpolitiker gaben bereits am Freitag ihre Stimme ab. Regierungschef Babis sprach bei der Abgabe seines Wahlzettels im nordböhmischen Lovosice (Lobositz) von der "wichtigsten Parlamentswahl in der Geschichte Tschechiens". Seine Regierung sei erfolgreich gewesen und jetzt gehe es darum, ob sie fortgesetzt werde oder ob die "Fünf-Koalition gewinnt, die mich aus der Politik vertreiben will", so Babis.

Mit der "Fünf-Koalition" meinte Babis die zwei oppositionelle Wahlbündnisse, die in den letzten Umfragen hinter seiner Partei ANO lagen: Das Wahlbündnis Spolu (Gemeinsam) besteht aus den konservativen Parteien ODS, TOP09 und KDU-CSL, das liberale Bündnis aus den Piraten und der Bürgermeisterpartei (STAN).

Präsident Milos Zeman gab am Freitagnachmittag seine Stimme in seiner Residenz auf Schloss Lany bei Prag ab. Ein Wahlausschusses kam dafür in Zemans Residenz. Sein Sprecher Jiri Ovcacek veröffentlichte am Nachmittag im Kurznachrichtendienst Twitter mehrere Fotos der Stimmabgabe des Staatsoberhaupts.

Zemans Gesundheitszustand sorgt derzeit erneut für Spekulationen in den Medien. Sein Arzt habe ihn diese Woche ins Krankenhaus einliefern lassen wollen, Zeman habe dies jedoch abgelehnt, hieß es. Das Präsidialamt dementierte erneut jegliche ernsthafte gesundheitliche Probleme Zemans. Zugleich wurde ein für Sonntag geplanter TV-Auftritt des Präsidenten aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Nach offiziellen Angaben leidet Zeman an Diabetes und einer Erkrankung des peripheren Nervensystems. Er nutzt bei öffentlichen Auftritten seit langem einen Rollstuhl. Da das Staatsoberhaupt nach der Wahl den designierten Regierungschef auswählt und ihn mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt, spielt Zeman eine entscheidende Rolle nach der Wahl.

Überschattet wurden die letzten Tage vor der Wahl von Enthüllungen der sogenannten "Pandora Papers" über Geschäfte von Regierungschef Babis. Laut den Veröffentlichungen eines internationalen investigativen Journalisten-Netzwerkes soll Babis 2009 mehrere Immobilien in Südfrankreich für 15 Millionen Euro gekauft haben. Die Transaktion soll über ausländische Briefkastenfirmen abgewickelt worden sein, was laut Kritikern die Frage aufwirft, ob dabei nicht Geldwäsche und Steuerhinterziehungen begangen wurde.

Babis strebt noch eine Amtsperiode an und will die Politik danach nach eigenen Angaben verlassen. Allerdings dürfte er im Falle eines Sieges Probleme bei der Suche nach Koalitionspartnern haben. Den bisher mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD) von Innenminister Jan Hamacek ist der Einzug ins Parlament nicht sicher, weil sie in mehreren Wählerumfragen unter der fünfprozentigen Wahlhürde lagen.

Bangen um den Einzug ins Abgeordnetenhaus müssen auch die Kommunisten (KSCM), die das bisherige Minderheitskabinett von ANO und CSSD unterstützen. Und auch die neue Partei Prisaha (Schwur) des ehemaligen Elitepolizisten Robert Slachta, die als eventueller Koalitionspartner für ANO infrage käme, könnte laut Umfragen außerhalb des Unterhauses bleiben. Mit dem Einzug ins Parlament kann hingegen die rechtspopulistische Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD) von Tomio Okamura rechnen.