Im Streit über Russlands Mitgliedschaft im Europarat zeichnet sich eine Lösung ab. Die Außenminister der Europaratsländer sprachen sich bei einem Treffen in Helsinki am Freitag mehrheitlich für einen Kompromiss aus, der der russischen Delegation die Rückkehr in die Parlamentarier-Versammlung ermöglichen soll. Die ukrainische Regierung sprach hingegen von einer "Kapitulation" des Europarats.

"Alle Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, gleichberechtigt sowohl an der Arbeit des Ministerkomitees als auch der Parlamentarier-Versammlung teilzunehmen", hieß es in der in Helsinki verabschiedeten Erklärung. Darin betonen die Minister auch die Verpflichtung aller 47 Europaratsländer, ihre Beiträge zu zahlen. Zudem verständigten sie sich darauf, Sanktionsmechanismen einzuführen, um grundlegende Rechtsverstöße künftig zu ahnden.

Sanktionen nach Krim-Annexion

Die russische Delegation boykottiert die Arbeit der Parlamentarier-Versammlung, seit diese im April 2014 als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim Sanktionen verhängte. Den 18 russischen Abgeordneten wurde unter anderem das Stimmrecht entzogen. Im Juni 2017 stellte Russland zudem seine Beitrittszahlungen an den Europarat in Höhe von 33 Millionen Euro jährlich ein - das sind rund acht Prozent des Gesamthaushaltes des Europarats. Laut Satzung droht einem Land der Ausschluss, wenn es zwei Jahre lang keine Beiträge zahlt.

Eine solcher Schritt scheint nun aber abgewendet. Moskau müsse es ermöglicht werden, für die nächste Plenartagung der Versammlung Ende Juni kurzfristig eine Delegation zu ernennen, forderte die Ministerrunde. Bei dieser Sitzung stehen wichtige Entscheidungen an - vor allem die Wahl des neuen Generalsekretärs der Organisation als Nachfolger des Norwegers Thorbjörn Jagland sowie mehrerer Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

"Russland gehört in den Europarat - mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören", betonte der deutsche Außenminister Heiko Maas anlässlich des Treffens in Helsinki. Es müsse sichergestellt werden, dass die russischen Bürger weiterhin "Schutz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einfordern können". Russland müsse aber auch "seinen Beitrag leisten" und "positive Signale aussenden".

Diplomatie oder Kapitulation

Gegen den Kompromissvorschlag stimmten in Helsinki nach Angaben aus dem Europarat die Vertreter der Ukraine, Georgiens und der drei baltischen Staaten. Der russische Außenminister Sergej Lawrow und der Vertreter Armeniens enthielten sich.

Russland nahm die Erklärung mit Wohlwollen auf. Sie mache den Weg frei für "eine Lösung der derzeitigen Krise" im Europarat, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Die Regierung in Kiew übte hingegen scharfe Kritik. "Das ist keine Diplomatie, sondern eine Kapitulation", sagte der ständige Vertreter der ukrainischen Regierung beim Europarat, Dmytro Kuleba.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat die Aufgabe, über die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten zu wachen. Die wichtigste Einrichtung des Europarates ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der besonders häufig aus Russland angerufen wird. Seine Arbeit basiert auf der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte, die von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde. Verlässt Russland den Europarat, hätten russische Bürger keine Möglichkeit mehr, ihre Rechte am Europäischen Gerichtshof einzuklagen.