Für eine Stärkung der Beziehungen EU-Israel und für den Schutz jüdischen Lebens in Europa hat sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag in Brüssel ausgesprochen. In einer Rede vor dem "American Jewish Committee" (AJC) versicherte Kurz, er werde sich persönlich weiter dafür und für den Kampf gegen Antisemitismus einsetzen.

Österreich tue sein Bestes, um "ein ehrlicher Unterstützer und Freund Israels" zu sein, sagte Kurz. Er warb für Verständnis für Israel. "Israel ist ein Nation, die nicht das Privileg hat, so wie wir Deutschland und die Schweiz als Nachbarn zu haben." Vielmehr stehe Israel ständig unter Bedrohung und habe Syrien und den Iran "um die Ecke". Österreich lehne einseitige Resolutionen und Aktionen auf europäischer und globaler Ebene ab.

Traditioneller Antisemitismus nimmt ab

Der traditionelle Antisemitismus nehme in Österreich zwar ab, sagte der Kanzler. Vor allem unter den Gemeinschaften von Migranten aus dem Nahen Osten würden antisemitische Strömungen aber zunehmen. Dabei spielten soziale Medien und Propaganda aus dem Ausland eine wichtige Rolle. Auch Studien auf europäischer Ebene würden zeigen, dass der Antisemitismus in all seinen Formen noch nicht überwunden sei.

"Europa ist der Kontinent der Sicherheit, der Freiheit und der Rechtstaatlichkeit", so der Kanzler. Deshalb müsse Europa auch sicherstellen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft sich sicher fühlten.

Er sei dankbar für jüdisches Leben in Österreich, "und die Beziehungen zwischen Israel und Österreich sind heute stark", betonte Kurz. Im vergangenen Jahr habe die österreichische Regierung ernsthafte Bemühungen zu Stärkung dieser Zusammenarbeit unternommen. So seien zum 80. Jahrestag der November-Pogrome im Parlament 70 Shoah-Überlebende eingeladen worden. Für viele sei es die erste Rückkehr nach Wien seit der Nazi-Herrschaft gewesen.

Außerdem verwies Kurz auf die "Namensmauer", ein Denkmal in Wien für die 66.000 jüdischen Opfer der Shoah aus Österreich. In Weißrussland habe Österreich den Bau des Denkmals Maly Trostenez unterstützt, wo 1942 fast 10.000 österreichische Juden getötet wurden. Weiters betone Kurz die Bemühungen im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft für jüdisches Leben in Europa.

Konferenz in Wien

Antisemitismus und Antizionismus seien im heutigen politischen Klima oft zwei Seiten einer Medaille. Deshalb seien im November vergangenen Jahres Vertreter jüdischer Gemeinschaften aus der ganzen Welt nach Wien gekommen, um den Kampf gegen Antisemitismus und den Schutz jüdischen Lebens auf einer Konferenz zu diskutieren. Die Ergebnisse der Konferenz hätten zur EU-Erklärung gegen Antisemitismus beigetragen.

Als österreichischer Kanzler trage er immer die Last einer dunklen und unvergesslichen Vergangenheit, sagte Kurz. "Wenn ich auf die entsetzlichen Verbrechen der Shoah schaue, empfinde ich Trauer und Schuld im Namen meiner Nation - und das wird sich nicht ändern." Er empfinde heute aber auch Dankbarkeit für den Fortschritt der Versöhnung, betonte Kurz.

Aus persönlichen Gesprächen mit österreichischen Holocaust-Überlebenden habe er bleibende Eindrücke bekommen, sagte Kurz. Trotz ihrer Schmerzen und der erlebten Ungerechtigkeit habe er keinen Hass und kein Verlangen nach Rache und keine Bitterkeit gefühlt. "Für mich ist eines der stärksten Symbole dieser Haltung der Staat Israel." Obwohl es am Anfang kaum Chancen gehabt habe, sei Israel "eine der Hochburgen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Wohlstandes" im Nahen Osten und weltweit geworden.

Der Vorsitzende des AJC, David Harris, selbst ein Sohn eines österreichischen jüdischen Holocaust-Überlebenden, dankte Kurz für dessen "Meilenstein-Rede". Harris betonte, Österreich sei erst in den 90ern unter dem damaligen Kanzler Franz Vranitzky mit seiner Vergangenheit zurechtgekommen, danach habe es wieder eine Kluft gegeben. Kurz habe die Erkenntnis, dass die Vergangenheit nicht die Zukunft formen dürfe. "Unser guter Freund Sebastian" habe "Leadership bewiesen", sagte Harris.