Nur dreieinhalb Minuten dauert das seit Tagen auf Facebook kursierende Video eines hageren Mannes mit buschigem Bart, in dem dieser angibt, aus Österreich zu stammen. Dabei soll es sich um einen Kämpfer der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ handeln, der von kurdischen Einheiten in Syrien festgenommen wurde. Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) nun bestätigte, „handelt es sich um einen österreichischen Staatsbürger mit türkischen Wurzeln“. Im Video gibt der zum Islam konvertierte Kämpfer an, sich in Wien, wo er geboren wurde, radikalisiert und dort einschlägige Moscheen besucht zu haben.

Wie der „Standard“ berichtet, soll es sich bei dem Mann um einen kurdischen Aleviten handeln, seine Eltern stammen aus der Türkei. Als er von einem Aufenthalt in Ägypten nach Österreich zurückkehrte, wo er Arabisch gelernt hatte, wurde er erstmals von der heimischen Polizei einvernommen. 2013 schloss er sich dem IS an, nach einer Schussverletzung kehrte er erneut nach Wien zurück.Seine Eltern  erstatteten Anzeige und er wurde erneut einvernommen – jedoch nie inhaftiert. Seit 2015 ist er – nach eigenen Angaben – wieder in Syrien. Dort und im Irak sollen sich laut BVT noch an die 100 weitere IS-Kämpfer mit österreichischem Pass aufhalten.

"Leute werden in Parks angesprochen"

Eine Zahl, die sich der Terrorismus- und Islamexperte Thomas Schmidinger nicht erklären kann. Gegenüber der Kleinen Zeitung spricht er von einem Mann, einer Frau und einem Kind mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die sich ebenfalls in syrischer Gefangenschaft befinden sollen. „Zwei, drei werden noch dazukommen. Aber mehr sicher nicht.“ In irakischer Haft sei aktuell „kein einziger Österreicher“.
Radikalisiert habe sich der Großteil dieser Kämpfer – und der Mann aus dem Video – in Österreich. „Die Leute sind weniger in Moscheen, sondern in Parks oder sozialen Einrichtungen wie Jugend- oder Sportklubs angesprochen worden“, erklärt Schmidinger. Das Umfeld sei vollkommen unterschiedlich, „manche kommen aus einem islamischen Umfeld, manche aus einem katholischen“. All jene, die sich radikalisiert haben und nach Syrien gegangen sind, haben laut Schmidinger aber eines gemeinsam: „Sie alle haben eine große Entfremdung von der Gesellschaft erfahren.“

Nun stellt sich die Frage, wie Österreich mit den IS-Kämpfern umgehen soll. „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder, wir machen diesen Menschen hier den Prozess oder wir geben sehr viel Geld dafür aus, dass das vor Ort geschieht.“ Zudem brauche es professionelle Deradikalisierungsarbeit in den Gefängnissen. „Und die Frage bleibt, was mit jenen geschehen soll, die mangels Beweisen freigesprochen werden“, erklärt der Experte.

Deutschland will Staatsbürgerschaft aberkenne

Während über das weitere Vorgehen im Fall des Aleviten beraten wird, will man im Nachbarland Deutschland IS-Kämpfern den deutschen Pass entziehen. Jedoch nur, wenn es sich um Doppelstaatsbürger handelt. Da der Besitz von zwei Staatsbürgerschaften in Österreich grundsätzlich verboten ist, wäre das hierzulande keine Option. Denn sonst wären die Ex-Kämpfer staatenlos.