Der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont ist aus Deutschland nach Belgien zurückgekehrt und will von dort weiter für die Unabhängigkeit seiner Heimatregion kämpfen. "Dies wird nicht mein letzter Stopp sein, dies ist nicht das Ende meiner Reise", sagte Puigdemont am Samstag in Brüssel auf einer Pressekonferenz.

Er werde sich "bis in den letzten Winkel unseres Kontinents" begeben, um die "gerechte Sache des katalanischen Volks" zu vertreten, so Puigdemont, der gleichzeitig dem spanischen Regierungschef Pedro Sanchez "Hausaufgaben" für die Sommerferien erteilte. Sanchez könne nicht erwarten, mit den Stimmen der Separatisten Regierungschef zu werden und danach nicht entsprechend nachzulegen.

"Schonfrist ist vorbei"

Sanchez' "Schonfrist" sei vorbei, so Puigdemont. Er müsse nun für die parlamentarische Unterstützung den Dialog mit Katalonien qualitativ vorantreiben. "Wir warten auf Sanchez' Rezept zur Lösung eines Problems, welches auch Sanchez selber als ein politisches betrachtet", so Puigdemont. Quim Torra, der aktuelle Chef der katalanischen Regionalregierung, der Puigdemont in Brüssel auf der Pressekonferenz begleitete, gab zu verstehen, dass "auf Sanchez' Worte des Dialogs nun auch Taten folgen müssen".

Sanchez setzte seinen konservativen Amtsvorgänger Mariano Rajoy Anfang Juni erfolgreich mit einem Misstrauensantrag im Madrider Parlament auch mit den notwendigen Stimmen von Puigdemonts separatistischer PDeCat-Partei ab. Der ehemalige katalanische Regionalpräsident forderte Sanchez nun zu Gegenleistungen auf.

Vor der Pressekonferenz in Brüssel traf Puigdemont mit Vertretern der katalanischen Regierung und mit ehemaligen Mitgliedern seines Kabinetts zusammen, die ebenfalls im Exil leben. Am Nachmittag wird er zu einer Empfangszeremonie in Waterloo außerhalb von Brüssel erwartet. In der Schlacht bei Waterloo unterlag der französische Kaiser Napoleon 1815 einer europäischen Koalition. Puigdemont wohnt dort in einer stattlichen Villa. Das "Haus der Republik" will er zum Ausgangspunkt eines europaweiten Kampfs für die katalanische Unabhängigkeit machen.

Als Regierungschef abgesetzt

Der 55-Jährige hatte am Mittwoch in Berlin seine Rückkehr nach Belgien angekündigt. Puigdemont befindet sich als Organisator der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens vom vergangenen Oktober im Visier der spanischen Justiz. Beim Volksentscheid stimmten ungeachtet der Polizeigewalt tausende Katalanen ab. 90 Prozent erklärten ihre Zustimmung für die Ausrufung einer Republik Katalonien, die Ende des Monats erfolgte. Die spanische Zentralregierung erklärte Puigdemont und seine Regierung daraufhin für abgesetzt.

Da ihn die spanische Justiz verhaften wollte, flüchtete Puigdemont ins Exil nach Brüssel. Im März wurde er aufgrund eines internationalen Haftbefehls bei der Durchreise in Schleswig-Holstein festgenommen. Seither lief das komplizierte juristische Verfahren um seine Auslieferung nach Spanien.

Madrid verzichtet auf Auslieferung

Die juristische Hängepartie fand erst vor wenigen Tagen ein Ende, als das Oberste Gericht in Madrid den internationalen Haftbefehl gegen den Katalanen zurückzog und auf die Auslieferung verzichtete. Es begründete den Schritt mit der Entscheidung der deutschen Justiz, eine Auslieferung nur wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder und nicht wegen Rebellion im Zusammenhang mit der Volksabstimmung für zulässig zu erklären.

Puigdemont hätte in seinem Heimatland folglich nur noch wegen des schwächeren Vorwurfs vor Gericht gestellt werden können. Auf den Vorwurf der Rebellion stehen in Spanien bis zu 25 Jahre Gefängnis.