Nach den Vereinigten Staaten hat auch Guatemala am Mittwoch feierlich seine Botschaft in Jerusalem eröffnet. Präsident Jimmy Morales sprach von einer "mutigen Entscheidung" seines Landes und einem "wichtigen Schritt für die Zukunft beider Völker". Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu dankte Morales und sagte, Guatemala sei "immer unter den Ersten" gewesen. Guatemalas Botschafterin Sara Solis sprach von einem "historischen Tag, an dem die Botschaft in die israelische Hauptstadt zurückkehrt".

Das lateinamerikanische Land folgte damit dem umstrittenen Schritt des US-Präsidenten Donald Trump. Kommende Woche folgt dann Paraguay. Nach der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem war es am Montag an der Gaza-Grenze zu schweren Konfrontationen gekommen, bei denen israelische Soldaten 60 Palästinenser töteten. Dies löste international scharfe Kritik aus.

Treffen in Kairo

Die Außenminister der arabischen Staaten beraten am Donnerstag über die tödlichen Unruhen an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. Bei der außerordentlichen Sitzung solle über eine Reaktion auf die "illegale" Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und die "israelische Aggression gegen das palästinensische Volk" beraten werden, teilte die Arabische Liga am Mittwoch mit. Die Minister kommen auf Antrag Saudi-Arabiens in Kairo zusammen. 

Nach den Protesten vom Montag mit Dutzenden Toten warnen die Vereinten Nationen und Russland vor weiterer Gewalt im Gazastreifen. "Wir sind extrem besorgt über das, was im Verlauf des Tages noch passieren könnte", sagte ein Sprecher des UNO-Menschenrechtsbeauftragten in Genf.

Palästinenser berufen Vertreter aus USA ab

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas hat am Dienstag den PLO-Vertreter in Washington zurückbeordert. Der Gesandte der Palästinensischen Befreiungsorganisation, Hussam Somlot, befinde sich bereits auf der Heimreise, sagte Chefunterhändler Saeb Erekat im palästinensischen Fernsehen am Dienstag.

In einer Erklärung des Außenministeriums hieß es, die Entscheidung sei nach dem Umzug der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem getroffen worden. Bei Protesten an der Grenze zum Gazastreifen gegen die Botschaftseröffnung am Montag hatten israelische Sicherheitskräfte 60 Menschen erschossen und mehr als 2.700 verletzt.

Zurückhaltung

Russland rief zu Zurückhaltung in Nahost auf. Alle Länder sollten auf Handlungen verzichten, welche Spannungen wie am Montag provozieren könnten, sagte ein Sprecher des Präsidialamtes. Konkret sprach er die Entscheidung der USA an, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Die Eröffnung der US-Vertretung am 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels hatte die Gewalt zusätzlich geschürt. Die Palästinenser betrachten Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Blutvergießen vom Montag im Gazastreifen als Völkermord. "Egal von welcher Seite er kommt, von Amerika oder von Israel, ich verfluche dieses humanitäre Drama, diesen Genozid", sagte Erdogan. Aus Protest zog die Türkei ihre Botschafter aus Washington und Tel Aviv ab und ordnete drei Tage Trauer für die getöteten Palästinenser an.

Die USA blockierten eine unabhängige UNO-Untersuchung zur Gewalt in Gaza.

Österreichische Botschaft

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) verteidigt unterdessen die Teilnahme des österreichischen Botschafters Martin Weissam Empfang des israelischen Außenministeriums am Sonntagabend vor der Einweihung der US-Botschaft in Jerusalem.

"Marsch der Rückkehr"

In den vergangenen Wochen hatten Zehntausende an der Gaza-Grenze beim "Marsch der Rückkehr" für ein Ende der Gaza-Blockade und Recht auf Rückkehr in das heutige israelische Staatsgebiet protestiert. Diese Massenproteste sollen am Dienstag ihren Abschluss finden. Zusätzlich befeuert durch die international umstrittene Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem gab es am Montag massive Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Armee.

"Verfluche diesen Genozid"

Aus Protest zog die Türkei ihre Botschafter aus Washington und Tel Aviv ab und ordnete drei Tage Trauer für die getöteten Palästinenser an.

Auch zahlreiche andere, vor allem arabische Staaten, kritisierten das Vorgehen gegen die Palästinenser scharf. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte am Montag "die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten" und beklagte "die große Zahl ziviler palästinensischer Opfer in Gaza heute und in den vergangenen Wochen". Am Dienstag wolle er mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu sprechen. Die EU rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf, die UN forderten eine politische Lösung des Konfliktes, doch die USA blockierten die UN-Untersuchung.

"Muss Verhandlungslösung her"

Außenministerin Kneissl (FPÖ) verteidigte die Teilnahme Österreichs am Empfang des israelischen Außenministeriums. "Aus unserer Teilnahme am Empfang sind keinerlei völkerrechtliche Implikationen herauszulesen", sagte sie im "ZiB 2"-Interview am Montagabend. Es bleibe bei der klaren Position: "Es muss eine Verhandlungslösung für Jerusalem und für einen palästinensischen Staat her".

Am Vorabend der Botschaftseröffnung hatte Premierminister Benjamin Netanyahu das Diplomatische Corps zu einem Empfang gebeten. Nach israelischen Angaben wurden alle 86 Länder mit diplomatischen Vertretungen zu der Feier eingeladen, von denen Botschafter Martin Weiss zufolge nur 34 teilgenommen haben. Von den EU-Staaten waren lediglich Österreich, Rumänien, Ungarn und Tschechien vertreten. Bei der Einweihung selbst waren die Diplomaten nicht eingeladen.

Gefragt, ob sich Österreich mit der Teilnahme am Empfang gegen die westeuropäische Linie stelle, antwortete Kneissl: "Es war die Bitte der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini hier vielleicht an bestimmen Empfängen nicht teilzunehmen", sagte die Außenministerin. Die Teilnahme sei jedoch meist eine Entscheidung des Botschafters, manchmal in Rücksprache mit dem Außenministerium.

"Mikromanagement"

"In dem Fall hatten Botschafter Martin Weiss und ich dazu ein Telefonat am Samstag, und ich habe ihm empfohlen, die Einladung von Premierminister Benjamin Netanyahu, der zeitgleich auch Außenminister ist, anzunehmen", sagte Kneissl. Die Teilnahme an diplomatischen Empfängen sei von EU-Ebene aus gesehen "Mikromanagement". Die Staaten würden daher alleine darüber entscheiden, so die Ministerin.

Die Frage, ob man versucht habe, mit der Teilnahme am Empfang, die in Israel positiv aufgenommen worden sei, Punkte bei Israel zu sammeln, auch auf Kosten anderer EU-Länder, verneinte Kneissl in der "ZiB 2". Sie verwies darauf, dass es bei der Feier gestern um Jerusalem "per se" gegangen sei, und an dieser Feier habe Österreich teilgenommen, nicht um "irgendwo zu punkten". Die Botschaftsverlegung "sorgt für Freude auf der einen und Kontroversen auf der anderen Seite", kommentierte die Ministerin.

Drei Tage Trauer

Im Gazastreifen und dem Westjordanland begannen unterdessen drei Tage der Trauer. Für Dienstag hat Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas einen Generalstreik ausgerufen, zudem gedenken die Palästinenser am Nakba-Tag traditionell der Vertreibung und Flucht Hunderttausender im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948.

Während der teils gewaltsamen Proteste Zehntausender Menschen am Grenzzaun im Gazastreifen wurden mindestens 58 Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen - so viele wie bei den sechswöchigen Protesten zuvor. Mehr als 2.770 Menschen wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza verletzt, jeder zweite davon durch Schüsse. Es war der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014.

Zorn und Unruhen

US-Präsident Donald Trump hatte Jerusalem im Dezember im Alleingang als Hauptstadt Israels anerkannt. Während dies bei den Palästinensern Zorn und schwere Unruhen auslöste, sorgte der Schritt in Israel für Genugtuung. Regierungschef Benjamin Netanyahu feierte die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem - just am 70. Jahrestag der Staatsgründung Israel - als politischen Triumph. Israel habe "keine besseren Freunde auf der Welt" als die USA, sagte er.

Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, die Palästinenser sehen in dem 1967 von Israel eroberten Ostteil die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates. Die internationale Gemeinschaft pocht darauf, dass der künftige Grenzverlauf in Verhandlungen beider Seiten geklärt wird. Dies hat auch Trump gesagt.

Videobotschaft

Anlässlich der Feierlichkeiten am Montag in Jerusalem erklärte der US-Präsident in einer Videobotschaft: "In Freundschaft reichen wir Israel, den Palästinensern und allen Nachbarn die Hand." Sein anwesender Schwiegersohn und Berater Jared Kushner betonte, die US-Regierung werde sich weiter um ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern bemühen.

Doch die Fronten haben sich durch die Botschaftsverlegung und die blutigen Ereignisse vom Montag nochmals verhärtet. Der palästinensische Gesundheitsminister Jawad Awad warf Israel ein "Massaker an unbewaffneten Demonstranten" vor. Die israelische Armee rechtfertigte ihr Vorgehen mit Hinweis auf "beispiellose Gewalt" der Palästinenser, die Soldaten mit Brandbomben und Sprengsätzen beworfen hätten.

Das Weiße Haus sieht die Verantwortung für die Gewalteskalation voll und ganz bei der seit 2007 im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas. Deshalb sei es auch nicht nötig, Israel zur Zurückhaltung aufzurufen, sagte Trumps Sprecher Raj Shah.