Am 10. Dezember griff Zac, 14, in der Früh wie gewohnt zum Handy. Ein kurzer Blick auf X – und schon tippte er an den Premier: „Wie kann es sein, dass ich diese App noch nutzen kann, obwohl ich 14 bin, Albo? Toller Start!“ Auf TikTok fragte Teenager Jenna unter einem Video: „Wer hat das australische Social-Media-Verbot sonst noch überlebt?“
Der Start des Social-Media-Verbots für Unter-16-Jährige verlief in Australien chaotisch: Während viele Konten tatsächlich gesperrt wurden, blieben andere problemlos zugänglich. Manche Kinder tricksten die neuen Altersprüfungen aus – mit Make-up, VPNs oder, wie eine Mutter schreibt: „Mein Kind hat die Gesichtserkennung mit einem falschen Bart überlistet.“
Weltweit erster Staat mit Verbot
Premierminister Anthony Albanese sieht dennoch einen historischen Moment: „Das ist Australien, das zeigt: Genug ist genug. Die Welt schaut zu.“ Auf Facebook schrieb er: „Eltern, Lehrer und Schüler unterstützen unser Social-Media-Verbot (…) Es geht darum, Kindern eine sicherere Kindheit zu ermöglichen.“
Mit seinem Social-Media-Verbot für Jugendliche schreibt Australien Geschichte. Seit 10. Dezember sind Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram, Facebook, Snapchat, X, Reddit, YouTube und Twitch für alle unter 16 Jahren verboten – Australien ist weltweit der erste Staat, der ein solches Verbot umsetzt. Die Plattformen müssen seit diesem Tag nachweisen, dass sie Minderjährige aussperren. Wer sich weigert oder zu lax kontrolliert, riskiert Strafen von bis zu 30 Millionen Euro. Ausgenommen: Gaming-Plattformen, Messenger wie WhatsApp sowie Bildungs- und Gesundheitsangebote.
Eltern begrüßen Verbot
Viele Eltern begrüßen den Schritt tatsächlich. Eine Mutter schrieb der australischen Ausgabe des „Guardian“, der Entzug habe „bereits einen tiefgreifenden Effekt“. Ihr Sohn habe sie plötzlich gefragt, ob sie am Nachmittag etwas gemeinsam unternehmen wollten – sonst sei er „von seinem Handy verschlungen“. Die 13-jährige Tochter von Alison aus New South Wales hat indes weiterhin Zugang zu allen Apps – trotz Altersverifikation – so schreibt sie beim australischen Sender ABC. Ein Vater berichtet, sein elfjähriger Sohn sei von TikTok als „18“ eingestuft worden.
Ein Teenager berichtet, dass er das Verbot richtig finde. „Vielleicht machen wir dann wieder mehr Sport“, meint Niklas. Aber auch er glaubt, dass viele einfach jemand anderem das Handy vors Gesicht halten. Amélie dagegen erzählt, dass sich ihre Freundschaften durch Social Media „vertieft“ hätten – weil man gemeinsam über die gleichen Inhalte gelacht habe.
„Accounts verschwinden nicht einfach“
Die Online-Sicherheitsbeauftragte Julie Inman Grant räumt ein, dass der Start holprig sei: „Accounts verschwinden nicht einfach auf magische Weise“, sagte sie gegenüber dem Sender ABC. Die Systeme bräuchten Zeit, um sich „durch Plattformen zu arbeiten“.
Terry Flew, Medienwissenschaftler an der University of Sydney, sieht ein „komplexeres Bild“. Ja, viele Eltern hätten aus Sorge um die mentale Gesundheit ihrer Kinder vehement für das Verbot geworben. Gleichzeitig seien viele Jugendliche frustriert – und posteten in sozialen Medien, wie man das System umgehen könne. Die öffentliche Unterstützung sei hoch (67 Prozent laut „Resolve Political Monitor“), doch nur 58 Prozent glaubten, dass das Verbot wirke.
Robert Gerlit, der in Sydney digitale Transformation lehrt, betont: „Es geht nicht darum, Kinder und Jugendliche von Technologie und Internet auszuschließen“. Vielmehr wolle man „sie vor Risiken schützen und zu verantwortungsvollen, digital mündigen Bürgern ausbilden“. Länder wie Dänemark, Frankreich, Italien oder Neuseeland erwägen ähnliche Schritte.