Lula da Silva ist auf der Klimakonferenz COP30 in die Rolle geschlüpft. die ihm am meisten behagt und die er auch am besten beherrscht. Es ist die des Staatsmanns, des Mahners, des Gastgebers und auch diejenige des Visionärs. Geld müsse für Klimaschutz und nicht für Kriege ausgegeben werden, forderte Brasiliens Präsident in seiner Eröffnungsrede. Multilateralismus sei im Kampf zum Erhalt des Weltklimas unerlässlich, mahnte er, womit er eine klare Spitze gegen die USA und Donald Trump setzte.

Lula, inzwischen 80 Jahre alt, inszeniert sich beim Gipfel in Belém als Staatslenker, den jeder respektiert – und bestenfalls bewundert. Der linke Präsident, der Brasilien bereits zum dritten Mal regiert, geht davon aus, dass mit seinen Ideen der Klimaschutz doch noch gelingen kann. 

Brazil's President Luiz Inacio Lula da Silva poses for photos next to a Samauma tree ahead the COP30 U.N. Climate Summit, Wednesday, Nov. 5, 2025, in Belem, Para state, Brazil. (AP Photo/Eraldo Peres)
Brasiliens Präsident zeigt sich in Belém in seiner Lieblingsrolle – als Klimaschützer © AP

Dafür hat er sich selbst und damit dem Gipfeltreffen ehrgeizige Ziele verordnet. Zum einen soll der Globale Süden in Belém den Industriestaaten wichtige Zugeständnisse abtrotzen. Zudem soll das Spitzentreffen endlich der „Gipfel der Umsetzung“ werden. Also nicht nur Reden und Ziele bestimmen, sondern auch Wege dahin aufzeigen und konkrete Fahrpläne umsetzen. 

Sollte es Lula gelingen, dass diese ehrgeizigen Vorhaben in das Abschlussdokument geschrieben werden, hat er nicht nur Wertvolles für das Klima getan, sondern sich noch ein Stück weit berühmter gemacht. Bereits jetzt ist er der Staatschef, der die Geschicke des Landes seit Brasiliens Rückkehr zur Demokratie 1985 wie kein anderer bestimmt hat. Und längst hat der Sohn aus einer mittellosen Bauernfamilie mit acht Kindern für die lateinamerikanische Linke den Status einer Ikone erreicht. 

Klimaschutz mit Widersprüchen

In seiner dritten Amtszeit hat sich Lula zum obersten Klimaschützer in Lateinamerika gewandelt. Er hat mit Weitblick erkannt, dass dies ein Thema ist, mit dem man punkten kann und das ihm auch weltweit Anerkennung bringt. Aber seine Klimapolitik im eigenen Land ist durchaus widersprüchlich. Vor allem in seinen ersten beiden Amtszeiten von 2003 bis 2011 war Lula immer ein Freund von Infrastruktur-Megaprojekten, während Umweltthemen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Lula hat zumindest hier ein Stück weit dazugelernt und will den Regenwald schützen, aber gleichzeitig lässt er im Amazonas munter nach Öl suchen. Denn es gibt eines, das Lula noch über den globalen Klimaschutz stellt: die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes.

Britain's Prince William, Prince of Wales (R) and Britain's Prime Minister Keir Starmer (L), shake hands with Brazil's President Luiz Inacio Lula da Silva, during the COP30 UN climate conference in Belem, Para State, Brazil, on November 6, 2025. (Photo by Mauro PIMENTEL / POOL / AFP)
Lula begrüßt Prominenz aus Britannien: Prinz William (rechts) und Premier Keir Starmer © AFP, AP

Unter dem ersten Präsidenten aus der Arbeiterklasse setzt sich Brasilien also für den Schutz der Umwelt ein und ist gleichzeitig Ölmacht. Das südamerikanische Land ist derzeit der achtgrößte Produzent der Welt. Aber Lula will die Produktion in den kommenden Jahren so weit steigern, dass Brasilien 2030 der fünftgrößte Ölproduzent weltweit ist. Mit solchen Vorhaben bringt er Teile seiner Regierung gegen sich auf, stellt sich aber gut mit der machtvollen Wirtschaftselite des riesigen Landes. 

Vierte Amtszeit

Lula da Silva hat in den vielen Jahren im Zentrum der Macht gelernt, dass man nur mit großer Kompromissbereitschaft so weit kommt, wie er es geschafft hat. Und mit Leidensfähigkeit. Bevor er sich 2022 entschied, erneut für das höchste Staatsamt zu kandidieren, zögerte er lange, ob er sich dieser Aufgabe stellen sollte. Das Alter, persönliche Schicksalsschläge wie der Tod seiner Frau Letizia 2017 und die eineinhalb Jahre im Gefängnis wegen Vorteilsnahme hatten ihn gezeichnet. Doch das Fehlen aussichtsreicher Bewerber in seiner Arbeiterpartei PT machte die Kandidatur unausweichlich.

Von der Macht will Lula heute aber nicht mehr lassen. Kurz vor Beginn der Klimakonferenz kündigte Lula nun an, bei der Wahl 2026 für eine vierte Amtszeit zu kandidieren. Er sei zwar schon 80, habe aber „dieselbe Energie wie mit 30“. Es gebe schließlich noch so viel zu tun in seinem Land.