Das Internet ist die Einstiegsdroge für die jungen Gotteskrieger. Wer sich über den Islam informiert, kann sich auch in den Krieg googeln. Facebook, Instagram, Youtube, Twitter sind das digital dokumentierte Tagebuch des brutalen Krieges der Terrormiliz IS (Islamischer Staat) im Irak und in Syrien - ihr Markenzeichen.

Ende August sollen bereits mehr als 2600 junge IS-Kämpfer aus Europa für diesen Krieg und den Aufbau eines Gottesstaates rekrutiert worden sein, 130 aus Österreich. US-Präsident Barack Obama warnte bereits vor den "Djihad-Touristen".

Was motiviert junge Burschen und neuerdings auch verstärkt Mädchen, in diesen Krieg nach Syrien zu ziehen? Wer sind sie? Woran glauben sie? Wie werden sie geködert?

"Soziale Netzwerke im Internet spielen in der Rekrutierung der Jugendlichen eine wichtige Rolle, aber auch der Freundeskreis", erklärt der Wiener Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger. In der Jugendszene werden Kontakte geknüpft, wird gezielt geworben. "Die Werber versprechen genau das, was vielen fehlt: ein Sinn im Leben und die Zusage nach Erfüllung", erzählt ein 18-Jähriger aus Wien. Ein Held zu sein. Die "Djihadisten-Fischer" sprechen Deutsch, Englisch und Arabisch und bearbeiten potenzielle Kämpfer wochenlang mit ihren Verschwörungstheorien zu "sozial gerechtem Welthandel" oder Ähnlichem. Das Böse ist klar gezeichnet: die Amerikaner, die Zionisten, der Finanzmarkt.

Die neuen Djihadisten kommen aus allen Gesellschaftsschichten. "Viele sind religiöse Analphabeten", erklärt Schmidinger. Sie stammen aus atheistischen oder nicht-muslimischen Familien und konvertieren irgendwann zum Islam. "Sie suchen die Ideologie, nicht die Religion", so der Politologe. Djihadisten-Islam als Ersatzreligion. Dazu passt die Geschichte von zwei jungen Briten, die in den "Heiligen Krieg" zogen und sich davor noch schnell das Buch "Islam for Dummies" ("Islam für Dummköpfe") online bestellten. Denn viel Zeit bleibt nicht, es ist ein Extremisierungsprozess von "null auf hundert". Das Gefährliche: Einmal von der radikalen Denkweise infiziert, ist ein Ausstieg hoffnungslos. Der Kontakt zur Familie reißt ab, im Todesfall schickt die IS-Terrorgruppe ein SMS nach Hause.

Dass sich nun auch junge Frauen einer djihadistischen Gruppe anschließen, zeigt, dass die IS ihre Rekrutierungsmethoden perfektioniert hat und auf gezielten "Mädchenfang" setzt - mit Ködern, in die sich die Mädchen verlieben, oder dem "Mutter-Teresa-Profil", also dem Vorwand, sie würden kriegsgeschundenen Kindern helfen. Auch Burschen werden verführt, erklärt der Wiener Islamexperte Rüdiger Lohlker: "Djihadisten unterscheiden drei Kategorien Frauen: die Mütter, die ihre Söhne zurückhalten wollen. Huren, vor allem Europäerinnen, und Jungfrauen, die moralisch einwandfrei sind. Diese werden ihnen versprochen, wenn sie ins Paradies gelangen."

Hilfe für Betroffene

Bisher fehlten in Österreich die Ansprechpersonen. Deswegen hat Schmidinger mit dem islamischen Religionspädagogen Moussa Al-Hassan Diaw einen Verein für Deradikalisierung gegründet. Das "Netzwerk Sozialer Zusammenhalt" will eine Beratungsstelle aufbauen und Schulungen für Institutionen anbieten. Verhindern, dass die Jungen in den Terrorismus abdriften. Und verhindern, dass alle Muslime über einen Kamm geschoren werden. Denn: "Wenn es in den Medien negative Berichterstattung über den Islam gibt, nimmt die Diskriminierung zu", sagt Helga Suleiman vom Grazer Mädchenverein Somm.