Europas Wälder und Holzprodukte reduzieren derzeit den CO₂-Fußabdruck der EU-Mitgliedsländer um jährlich geschätzte 380 Megatonnen CO₂-Äquivalent. Das sind rund zehn Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der EU pro Jahr. Um die ambitionierten Klimaziele bis zum Jahr 2050 zu erreichen, müssten die Wälder aber rund 170 Megatonnen mehr im Jahr einlagern. In einem Bericht des "European Forest Institute" (EFI) sehen Experten das dafür benötigte Potenzial nicht ganz gegeben.

Laut den Plänen der EU dürfen bis 2050 nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als auf anderem Weg kompensiert werden. Es würden dann die sogenannten Netto-Null-Emissionen erreicht. Das lässt sich ohne das Entfernen von CO₂ aus der Atmosphäre jedoch nicht bewerkstelligen. Genau das tun Wälder seit jeher auf natürlich Weise, wenn sie Biomasse aufbauen. Dementsprechend müsste u. a. die Aufnahme von Kohlenstoff durch Europas Wälder erhöht werden. Um die EU-Ziele zu erreichen, müssten im Wald bzw. in möglichst lange verwendeten Holzprodukten zusätzlich zu den aktuell 380 Megatonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr alljährlich weitere 50 Megatonnen ab 2030, 100 Megatonnen ab 2035 und 170 Megatonnen ab dem Jahr 2050 sozusagen "geparkt" werden.

Österreicher arbeitete am Papier mit

Für ihren Bericht zum "Waldbasierten Klimaschutz und Anpassungen in Europa" haben die EFI-Experten aus zahlreichen Ländern wissenschaftliche Literatur durchforstet. In die Entstehung des Papiers war auch der Forstsystemexperte Florian Kraxner vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien als Begutachter eingebunden.

Würden demnach Verluste an Waldflächen verhindert und die Wiederaufforstung vorangetrieben sowie Holz verstärkt in Produkten genutzt, die sehr lange verwendet werden, könnten auf dem Gebiet der 27 EU-Mitgliedsländer bis 2050 pro Jahr zusätzliche 72 Megatonnen an CO₂-Äquivalenten gespeichert werden. In Kombination mit weiteren Maßnahmen zum Waldschutz, Verbesserungen beim Forstmanagement und Reduktionen bei der Holzernte könne sich dieser Wert auf 143 Megatonnen jährlich erhöhen. Auch wenn sich hinter diesen Zahlen große Unsicherheiten verbergen, zeige die Analyse, dass es herausfordernd wird, die Annahmen hinter den EU-Zielen im Forst- und Holzsektor auch zu erreichen, schreiben die Wissenschaftler.

Die größten Potenziale zur zusätzlichen Kohlenstoff-Einlagerung sieht das Autorenteam in den flächenmäßig großen Staaten Schweden, Finnland, Spanien, Frankreich, Polen und Deutschland. Hier liegen die in verschiedenen Untersuchungen im Schnitt ausgewiesenen zusätzlichen Möglichkeiten zur Kohlenstoff-Einlagerung mit Blick in Richtung 2050 jeweils bei um oder über zehn Megatonnen im Jahr.

Auch Österreich hat Zusatz-Potenzial

Für Österreich wird das Zusatz-Potenzial eher um vier zusätzliche Megatonnen jährlich veranschlagt. Hierzulande seien die Möglichkeiten, durch Wiederaufforstung mehr Kohlenstoff zu binden, insgesamt eher gering – immerhin liegt Österreich mit seinem Wald-Anteil von um die 50 Prozent an der Staatsfläche bereits sehr hoch. Speicherpotenzial heben lasse sich dem Bericht zufolge vor allem durch Verbesserungen im Waldmanagement. Das trifft beispielsweise auch auf die ebenfalls stark bewaldeten skandinavischen Länder zu.