Nach Überzeugung der Caritas steht Österreich "ein schwieriger Herbst, ein schwieriger Winter" bevor: Dennoch hat deren Präsident Michael Landau im ORF zu Zuversicht ermutigt: "Ich weiß auch aus der Erfahrung: Wir können Krise, wir können Krise als Caritas, als Hilfsorganisation, und wir können Krise als Gesellschaft", sagte er in der ZiB 2 am Sonntag. Wenn der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck voraussage, dass wir ärmer werden, wolle er das ein Stück weit differenziert sehen, sagte Landau: "Ich möchte gerne werben für Zusammenhalt und Zuversicht, aber auch für eine Kultur des Teilens." Es gelte, die Schwächsten – also armutsgefährdete und armutsbetroffene Gruppen – nicht aus dem Blick zu verlieren.

Der Caritas-Präsident bekräftigte in dem Interview seine zuletzt mehrfach erhobene Forderung an die Regierung, sie solle die angekündigte Valorisierung der Sozialleistungen auf 1. September vorziehen, weil auch die Preiserhöhungen für Strom und Gas in Wien und Niederösterreich auf dieses Datum vorgezogen werden. Handlungsbedarf sieht er auch beim derzeitigen "realitätsfernen" Rahmengesetz, mit dem der Bund den Ländern Limits bei der Bewältigung der enorm gestiegenen Lebenskosten setzt. Besonders problematisch sei das Wohnthema, wies Landau hin. "Hier müssten die Länder die Möglichkeit haben, auch höhere Beträge zur Verfügung zu stellen" – im Sinne einer effizienten Mindestsicherung.

Landau berichtete von einem bewegenden Gespräch mit einer Caritas-Sozialberaterin. Eine 84-jährige Frau habe ihre Begräbnisversicherung kündigen müssen, weil sie die dafür reservierten 30 Euro pro Monat nicht mehr entbehren kann. Auch der Ansturm auf die Caritas-Lebensmittelausgabestellen zeige, dass auf die Teuerung mit erhöhten Sozialleistungen, Mindestpensionen et cetera reagiert werden muss. "Das muss gekoppelt sein, das ist jetzt das Tempo als ein ganz entscheidender Punkt", betonte Landau.

"Einmalzahlungen alleine reichen nicht"

Er wolle sich nicht "in den Chor der Kritikerinnen und Kritiker einreihen, die sagen, da geschieht nichts", so der Caritas-Chef weiter. Die Bundesregierung habe Geld in die Hand genommen, die beschlossenen Einmalzahlungen seien wichtig, auch die erhöhte Familienbeihilfe, die jetzt im August ausgezahlt wird. "Das Gerede, da geschieht nichts, zahlt auch keine Rechnung", mahnte Landau die Opposition. Klar sei aber auch: "Einmalzahlungen alleine werden nicht reichen, denn auch die Inflation ist ja nicht ein einmaliges Phänomen." Für Mindestpension-Beziehende, die "jeden Euro dreimal umdrehen", stelle sich die Frage, wie sie mit dem plötzlichen Mehraufwand von 100 oder 150 Euro pro Monat zurande kommen sollen. Landau: "Hier wird es wichtig sein, auch wirklich eine systematische Lösung zu finden, das heißt, ein Schritt ist das Vorziehen."

Valorisierungen forderte der Caritas-Präsident auch für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, wichtig sei auch eine Reform der Sozialhilfe: Das aktuelle System funktioniere gerade beim Thema Wohnen nicht und "stellt Menschen vor die Frage, ob sie jetzt hungern sollen, damit sie die Miete zahlen können".